Simply Red - Big Love
Zurück aus der Gruft, Teil 666: Nun also auch Simply Red. Gerade einmal fünf Jahre liegt das Begräbnis der Band zurück. Bereits jetzt stehen Hucknall & Co. wieder am schmiedeeisernen Friedhofstor der Pop-Geschichte, mit unüberhörbaren "Lasst uns raus!"-Rufen. Erwarten uns garstige Soul-Ghule oder verführerische Blue Eyed-Vampire? Stoßt auf das Tor!
Die erste Single "Shine On" klingt poppig, nach Reißbrett-Softsoul mit ein wenig zu viel der glatten Gefälligkeit, mit der das Werk der Briten bereits in der Vergangenheit die Geister schied. Großtaten wie "Holding Back The Years" stehen einträchtig neben üblem Jahrmarktsmusik-Tand wie "Fairground".
Rasch ist klar, was Mick mit der Umschreibung zum neuen Werk meint: "Mit 'Stay' versuchte ich, vor Simply Red davonzulaufen. Aber inzwischen fühle ich mich sehr wohl mit unserem Flair als eine 'Blue-Eyed'-Soulband. Ich musste aufhören, gegen diese Idee anzukämpfen."
Beim Abgrasen des Soul konzentrieren sich die Briten auf die bunt leuchtenden Frühlingsblumen des Genres. Zunächst stöbern Simply Red ausgiebig in der Kiste des Philly-Sounds der Siebziger und werden bei Barry White fündig: "Daydreaming" bedient sich gekonnt beim streicherverliebten, Beat-schaufelnden Love Unlimited-Orchestra des großen Maestreos, inklusive stilecht herumhechelnder Girlvoices. Bei mir als White-Fan findet die Nummer vom ersten Takt an Zustimmung, auch wenn hier natürlich kein sonorer Verführer-Bass am Mikro steht. Doch das Konzept funktioniert bestens, auch später für "The Ghost Of Love" sowie "Love Gave Me More".
Mit echtem Seelen-Soul hat "Big Love" trotzdem wenig am Hut. Dazu gefällt sich Mick zu sehr in der Rolle des geschmeidigen Crooners. Hucknalls Stimme überrascht positiv. Er kann es einfach immer noch, das Organ mal mit reichlich Raureif belegt, dann wieder von zartem Schmelz umzogen. Wie auf der (titelmäßigen) Hemingway-Anleihe "The Old Man And The Beer": Hier verlassen Simply Red die große Sound Orchestra-Bühne und unternehmen einen jazzig-swingenden Strandbar-Ausflug. "WORU" holt den Disco-Funk der frühen Siebziger zurück ins Heute.
Führten frühere Alben häufig auch Coverversionen im Gepäck, setzen Simply Red diesmal ausschließlich auf Neuware. Die entstammt nur selten einer 80er-Jahre-Montagsproduktion, wie zum Beispiel das uninspirierte Ballädchen "Dad", das über sein Dasein als überflüssiger Filler nicht hinauskommt. "Love Wonders" gefällt dank des relaxten, soundmäßig abgespeckten Umfelds besser und verdient sich gute Noten als klassischer Mitternachts-Barsong.
Allein viermal taucht in der Tracklist das Wörtchen "Love" auf, der Albentitel erscheint also trefflich gewählt. Mit "Big Love" liefern Simply Red ein in seinen besten Momenten nicht nur vordergründig gefälliges, sondern auch beschwingtes und äußerst kurzweiliges Werk ab. Blue Eyed Soul pur: Hucknall & The Reds halten also, was sie eingangs versprochen haben. (Quelle: Laut.de)
Tracklist:
01 – Shine On
02 – Daydreaming
03 – Big Love
04 – The Ghost Of Love
05 – Dad
06 – Love Wonders
07 – Love Gave Me More
08 – Tight Tones
09 – WORU
10 – Coming Home
11 – The Old Man And The Beer
12 – Each Day
02 – Daydreaming
03 – Big Love
04 – The Ghost Of Love
05 – Dad
06 – Love Wonders
07 – Love Gave Me More
08 – Tight Tones
09 – WORU
10 – Coming Home
11 – The Old Man And The Beer
12 – Each Day
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