Eminem - Revival
Breaking news im Hause Mathers: Donald Trump ist orange, Polizeiwillkür in den USA trifft primär schwarze Jugendliche, Gewalt gegen Kinder ist nicht cool. Eminem ist jetzt woke und veröffentlicht ein Album, das wie seine letzten vier natürlich mit dem Wort „Comeback“ verknüpft ist. Wie oft kann ein Künstler eigentlich zurückkommen, bevor die Tür nicht mehr aufgeht? Um Aufmerksamkeit muss Marshall Mathers jedenfalls nicht mehr kämpfen, hat er doch so viele treue Fans, dass sich jedes Leitmedium freut, Eminems Namen in die Überschrift zu schreiben – vor allem in Europa: Das deutsche Portal hiphop.de hat beispielsweise allein in diesem Jahr über 100 Artikel zum Rapper aus Detroit veröffentlicht. Auf Revival treiben Eminem indes weiterhin die alten Bekannten um, nämlich die hater und die Neider – diejenigen also, die nicht daran glauben, dass er, der underdog, es schaffen wird. Klar, die Millionen von Dollar auf seinem Konto und die Features mit einigen der erfolgreichsten Musikern der Gegenwart (Ed Sheeran, Beyoncé, Kehlani und Pink, etc.) sprechen eine andere Sprache. Tatsächlich zehrte Eminems Verliererpolemik in seinen frühen, goldenen Jahren größtenteils davon, dass er nun einmal weiß war und die meisten anderen guten Rapper eben nicht. Heute ist er Multimillionär, sieben seiner Alben gehören zu den 50 meistverkauften im Hip-Hop und er gilt der Konkurrenz weiterhin als technisch überlegen – dass „Em“ es geschafft hat, können selbst seine ärgsten Feinde nicht leugnen. Eminems plötzliche Politisierung wirkt also ein wenig wie seine letzte Gelegenheit, noch auf irgendwas wirklich wütend zu sein. Aber hey: Dafür ist im Verlauf der 19 Songs auf Revival für alle etwas dabei. Hier eine Pop-Ballade, da ein paar Trap-Beats, dort Country-Rap mit scratchings, die klingen wie damals, als man auf dem Kinderflohmarkt The Slim Shady LP auf CD kaufte. Man merkt, dass Rick Rubin sich trotz jahrzehntelanger Pop-Erfahrung freut, mal wieder Loops aus totgehörten Dadrock-Hits mit knarzigen Drum-Breaks zu kombinieren. Also gibt es Versatzstücke von „I Love Rock ‚N‘ Roll“ und „Zombie“ von den Cranberries – Samples, die so teuer gewesen sein müssen, dass man sich fragt, wer wem damit einen Gefallen tun wollte. Und hier zeigt sich der wahre Grund, warum die 78 Minuten Revival sich so unangenehm anfühlen wie die Wartezeit vor einer Flughafentoilette. Irgendwo zwischen Eminems eigener Ratlosigkeit, seinen scheinbar längst verlorenen beatpicking-Kompetenzen und der Marktforschungsabteilung, die zweifelsfrei hinter einem millionenschweren Majorlabel-Flaggschiff wie Revival steht und empfiehlt, es bitte allen Recht zu machen, wird das Album zur in Plastik gepackten Frage: Wer genau soll das eigentlich hören? (Quelle: Spex)
Tracklist:
01. Walk On Water (feat. Beyoncé) (5:03)
02. Believe (5:15)
03. Chloraseptic (feat. PHRESHER) (5:01)
04. Untouchable (6:10)
05. River (feat. Ed Sheeran) (3:41)
06. Remind Me (Intro) (0:26)
07. Remind Me (3:45)
08. Revival (Interlude) (0:51)
09. Like Home (feat. Alicia Keys) (4:05)
10. Bad Husband (feat. X Ambassadors) (4:47)
11. Tragic Endings (feat. Skylar Grey) (4:12)
12. Framed (4:13)
13. Nowhere Fast (feat. Kehlani) (4:24)
14. Heat (4:10)
15. Offended (5:20)
16. Need Me (feat. P!nk) (4:25)
17. In Your Head (3:02)
18. Castle (4:14)
19. Arose (4:34)
Clip:
Walk on water
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