Maria Mena - Growing Pains




Der sächsische Diplomat Alexander von Villers sagte einmal einen sehr klugen Satz: "Glück und Unglück ist doch zuletzt nur Stoff, und menschliche Aufgabe, daran zum Künstler zu werden." Dass Maria Mena ihre Kunst eher auf dem Fundament ihrer persönlichen Niederlagen baut, daraus macht sie seit Jahren keinen Hehl. Schließlich war die sympathische Norwegerin in der Vergangenheit immer dann am besten, wenn sie in Songs wie "Just hold me", "All this time" oder "Nevermind me" eine für sie unangenehme Situation als Ausgangspunkt für das Songwriting nutzte. Ihr neues Album "Growing pains" soll nun ganz im Zeichen ihrer Scheidungsverarbeitung stehen und birgt somit nach Mena'scher Kunstlogik das Potential viele tolle Songs zu enthalten. Und tatsächlich gelingt ihr mit dieser Platte ein musikalisch sehr angenehmer Spagat zwischen Verzweiflung und Aufgeräumtheit, denn sie beleuchtet das Scheitern ihrer Ehe mit dem Journalisten Eivind Sæther aus erfrischend unterschiedlichen Perspektiven.
Nachdem das eingängige aber doch ziemlich klischeehafte "I don't wanna see you with her" im Vorfeld als erste Single ausgekoppelt wurde, lag natürlich die Vermutung nah, dass sich Mena auf ihrem siebten Werk etwas zu heftig im eigenen Leid suhlen würde, doch diese Befürchtung kann man bereits im ersten Drittel der Platte ad acta legen. Das Zwiegespräch mit einer höheren Macht, das sie im gelungenen Opener "Good God", der fast schon als Electro-Gospel durchgehen könnte, sucht, stellt zwar die üblichen Fragen, bildet aber hier nur den Ausgangspunkt für eine sehr persönliche Achterbahnfahrt der Emotionen. So umweht das beschwingte "Leaving you" trotz harter Lyrics eine gewisse Aufbruchstimmung und das mit verhaltenem Picking unterlegte "The baby" ist eine Art soundgewordene Emanzipationserklärung. Sehr schön auch mit anzuhören, dass die Songwriterin nach dem eher elektronisch orientierten Album "Weapon in mind" mit "Not sober" auch die E-Gitarren wieder aus der Kiste gekramt hat. Ein bisschen Wut stand der zierlichen Mena schließlich immer schon gut zu Gesicht.
Als Schlüsseltrack zu "Growing pains" fungiert das fulminante "Good and bad", in dem Menas Stimme immer wieder Kapriolen schlägt während sie hart mit sich ins Gericht geht: "There're two sides to our story / But mine gets all the fame / I frolic in the glory / And buckle in the shame." Auch das klavierdominierte "Where I come from", in dem die schöne Skandinavierin tief in ihre Seele blicken lässt, gehört zu den Highlights der Platte. Der Titeltrack lässt die innere Zerrissenheit noch einmal Revue passieren und entscheidet sich dann vor der Vier-Minuten-Marke für den inneren Frieden. Dass die nicht mal 30 Jahre alte Sängerin so ein erwachsenes Stück komponieren kann, liegt sicher auch daran, dass sie trotz jungen Alters schon seit 13 Jahren im Geschäft ist. Bleibt für die Zukunft nur zu hoffen, dass sie diese Erfahrung nutzt, um auch aus den guten Zeiten gute Songs entstehen zu lassen. Wie eingangs erwähnt kann ja auch Glück genug Stoff dafür bieten. Für diese Erkenntnis braucht es sicher keine sächsischen Diplomaten. (Quelle: Plattentests)


Tracklist:
  1. Good God
  2. The baby
  3. Leaving you
  4. I don't wanna see you with her
  5. Good and bad
  6. Not sober
  7. Confess !
  8. Where I come from
  9. Bend till I break
  10. You deserve better
  11. Growing pains


Clip:
I don't wanna see you with her

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