Gregory Porter - Nat King Cole and me


Überflüssig und doch wunderschön: Gregory Porter huldigt auf seinem neuen Album einzig und allen dem großen Nat King Cole.
Jazz ist nicht sexy, Jazz ist nicht hip. Jazz wird manchmal als Alte-Männer-Musik wahrgenommen. Einer der wenigen Vertreter des Fachs, die 2017 für ein breites Publikum interessant ist, ist Mützenliebhaber Gregory Porter. Der 45-Jährige verabschiedet sich für sein neues Album „Nat King Cole & Me“ allerdings von eigenen Stücken und interpretiert lieber die Songs seines großen Vorbilds neu.
Von einem Jazz-Superstar zu sprechen, wirkt heutzutage so unzeitgemäß wie ein Schwarz-Weiß-Film. Doch es gibt Ausnahmen. Beim Kino denkt man etwa an das Oscar-prämierte Meisterwerk „The Artist“ (2011), bei der Musik zuallererst an Gregory Porter. Wenn es einen Jazz-Superstar gibt, dann ist es der in Brooklyn lebende US-Sänger mit der Schiebermütze. 2014 und 2017 heimste er mit seinen Alben „Liquid Spirit“ und „Take Me to The Alley“ jeweils den Grammy für das Best Jazz Vocal Album ein.
Auf seinem neuen Album spielt Gregory Porter selbst gar keine so große Rolle. Wie der Titel „Nat King Cole & Me“ schon verrät, ist diese Platte eine Auseinandersetzung mit dem 1965 verstorbenen Jazz-Musiker Nathaniel Adams Coles, besser bekannt als „Nat King Cole“. Der war einst ein wichtiger musikalischer Trostspender für den jungen Porter, vor allem nachdem der Vater die Familie verlassen hatte, und Cole hat Porter maßgeblich beeinflusst. So sehr, dass er ihm bereits zu Beginn des Jahrtausends ein semi-autobiografisches Musical widmete, das ebenfalls „Nat King Cole & Me“ hieß.
Nun hat Porter die warmherzigen, ermutigenden Songs seines Idols zusammen mit dem sechsfachen Grammy-Gewinner und Arrangeur Vince Mendoza, einer Band und dem London Studio Orchestra neu eingespielt. Mit märchenhaften Streichern wie aus einem alten Disney-Film lädt der Sänger seine Fans in eine romantische, lebensbejahende Welt ein, etwa wenn er das geheimnisvolle Lächeln der „Mona Lisa“ besingt. Zudem gelingt es ihm, den gelegentlich etwas seichten Songs von Cole („Love was made form me and you“) echtes Gewicht zu verleihen und den Hörer von Beginn an zu fesseln.
Besonders auffällig ist etwa die großartige Nummer „Nature Boy“ mit ihrer düsteren Geschichte und dem ikonischen Satz „The greatest thing you'll ever learn is just to love an be loved in return“ - das weniger Jazz-affine Publikum sollte das Lied zumindest noch aus dem Film „Moulin Rouge“ ein Begriff sein. Für Gänsehaut sorgt auch Porters bittersüße Version von „Smile“: „Hide every trace of sadness, although a tear may be ever so near.“ Zwischendurch gibt es dann aber auch gutgelaunte Trompeten-Soli und Lieder wie „Quizas, quizas, quizas“, die die Stimmung aufhellen. Neben den feinfühligen Songs von Nat King Cole findet sich mit „When Love Was King“ nur eine Eigenkomposition von Porter auf dem Album, die qualitativ aber nicht abfällt und auch wieder stark von Cole inspiriert ist.
So liefert Gregory Porter mit „Nat King Cole & Me“ ein uneingeschränkt hörenswertes Album. Allerdings: Nach echten Neuinterpretationen fühlen sich die Songs nicht an, weshalb diese Platte so eigentlich auch niemand gebraucht hat. Als Einstieg in die Jazz-Welt ist sie, wie alles von Gregory Porter, durchaus geeignet. Seine Position als moderner Jazz-Superstar dafür zu nutzen, auf einen der ganz Großen hinzuweisen, ist sicherlich auch kein schlechter Gedanke. Für Kenner aber gibt es kaum Neues zu entdecken auf diesem Zwei-Mann-Denkmal, das zwar viele technisch perfekt aufpolierte Mutmachparolen bietet, selbst aber nicht besonders mutig ist.(Quelle: Nordbuzz)

Tracklist:

 01. Mona Lisa
02. Smile
03. Nature Boy
04. L-O-V-E
05. Quizas, Quizas, Quizas
06. Miss Otis Regrets
07. Pick Yourself Up
08. When Love Was King
09. The Lonely One
10. Ballerina
11. I Wonder Who My Daddy Is
12. But Beautiful
13. Sweet Lorraine
14. For All We Know
15. The Christmas Song

Clip:
Trailer

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