Ben Folds and Nick Hornby - Lonely Avenue


Der Multiinstrumentalist Ben Folds hat jeder kleinen Geschichte ein treffendes musikalisches Gewand gegeben. Der einzige Unterschied zu den älteren Alben wie „Way to Normal“ oder „Songs for Silverman“ ist der fehlende Trash-Anstrich. Der New Yorker, der sich gerne als Elton John auf der Bühne verkleidet, bewegt sich auch mit diesem Album wieder an der Grenze zwischen amerikanischer Popmusik und kompositorischer Genialität.
 Das literarische Pendant dazu ist Nick Hornby. Seine Texte verschmelzen mit der Musik, als hätten diese beiden Komponenten schon immer zusammen gehört. Doch Hornbys literarische Welt ist ernsthafter als die Songtexte von Folds. Keine Songs über Fussballvereine, ausgebüchste Hunde oder Verlassene, die aus gekränktem Stolz alberne Briefe schreiben. Stattdessen erschafft Hornby mit jedem Song einen neuen Charakter und seine spezielle Geschichte. Mit wenigen Zeilen schafft Hornby es, ganze Welten entstehen zu lassen, ohne direkt zu beschreiben, was passiert. In seiner Sprache ist kein Wort zu viel
Hornby umreißt Geschichten, die zumeist aus seiner eigenen Welt stammen: Er zeigt den Alltag eines Künstlers, die Internetwelt seiner Kinder oder die Poesie eines Namens, den er auf dem Deckel seiner Nachtlektüre gefunden hat. „Saskia Hamilton“ heißt der letztgenannte Song. Oft genug hintereinander ausgesprochen, klingt er nach Hard Rock, das hat sich jedenfalls Folds gedacht. Er übersetzt die Poesie dieses Namens in ein Gitarren- und Schlagzeuginferno.
Auch die dynamisch arrangierten Streichersets fehlen in diesem Album nicht. Sie sind zu einer Wesensart der Kompositionen von Ben Folds geworden. So zum Beispiel im Song „Belinda“. Die Komposition klingt ganz gewollt wie ein typischer Hit, der schon tausendmal in etwa so geschrieben worden ist. Stilbewusst trifft Folds altbekannte Melodiepatterns.
Dass der New Yorker Ben Folds dieses Handwerk schon seit Jahren macht, merkt der geübte Folds Hörer aber leider auch. Einige Songs klingen so, als hätte er selbst sie irgendwann schon einmal geschrieben. Der Vorgänger „Way to Normal“ war unter anderem wegen seiner originellen Samples musikalisch abwechslungsreicher. Aber dennoch: „Lonely Avenue“ ist ein waschechtes Ben Folds Album: Ob Ironie, Resignation oder was auch immer einen im Leben erwischt: In der Musik von Ben Folds findet sich jede Stimmung vertont. Der Einfluss von Nick Hornby macht „Lonely Avenue“ dabei zu musikalischer Popliteratur auf hohem Niveau. (Quelle: Mephisto 97,6)

Tracklist:
1. A Working Day
2. Picture Window
3. Levi Johnston's Blues
4. Doc Pomus
5. Your Dogs
6. Practical Amanda
7. Claire's Ninth
8. Password
9. From Above
10. Saskia Hamilton
11. Belinda

Clip:
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