Blackmail - Anima now


Da sind sie wieder. Fast als wäre nichts gewesen meldet sich die Koblenzer Alternative-Rock-Institution Blackmail mit „Anima Now!“ zurück. Trotz der nicht eben freundschaftlichen Trennung von Sänger und Gründungsmitglied Aydo Abay. Oder vielleicht gerade deswegen. Die Gebrüder Ebelhäuser und Schlagzeuger Mario Matthias haben jedenfalls Ersatz für ihren Frontmann gefunden: Mathias Reetz heißt der Mann und er macht es Blackmail-Fans leicht: Allzu sehr umgewöhnen muss man sich nicht.
Den kraftvollen Tenor seines Vorgängers intoniert auch der Neue fehlerfrei; klingt ähnlich, aber doch nicht zu sehr nach Kopie. Das vorweg. Bis echtes Blackmail-Feeling aufkommen will, dauert es aber trotzdem eine Weile - bis zum Beginn des zweiten Songs genau genommen. Denn der Opener „Resonant Wave“ geht zwar mit abgehacktem Beat, kernigen Gitarren und dynamischer Vielfalt gut nach vorne, wird aber von der ersten Single „Deborah“ klar in den Schatten gestellt: ein sperriger 7/4-Takt, ein monotoner Basslauf, verziert mit schwebenden Arpeggios, dazu absolut charakteristischer Gesang. Und dann ein Refrain, der Taktwechsel, Ebelhäuser'sche Gitarrenwände, Streicher und eine Ohrwurmmelodie erster Güte zur gleichen Zeit aufbietet. Was zunächst gar nicht so recht zusammenpassen will, fügt sich schließlich genau deshalb hervorragend ineinander. Das sind Blackmail, wie man sie kennt und liebt – sofern man sie, wie der Schreiber dieser Zeilen, erst mit dem Vorgängeralbum „Tempo Tempo“ kennen gelernt hat.
Denn an die härteren Töne von „Friend Or Foe“ reicht das Quartett auch mit „Anima Now!“ nicht mehr heran und will es auch gar nicht. Stattdessen findet man erneut klare, durchsichtige Riffwände und filigrane Strukturen vor, die sich an große, teils erst nach mehrmaligem Hören zu erschließende Melodien schmiegen. „The Whys Of The Ways“, „Monographic Doll“ und „Sky On Sky“ sind alles Beispiele für prachtvolle Rocksongs, die ihre Zeit brauchen, dann aber schlicht Spaß machen. Und natürlich sind auch die typischen Blackmail-Experimente wieder vertreten: „Bugs“ spielt noch mehr als sonst mit ungewohnten Harmonien und erinnert an eine Varieté-Show in buntem Nebel; „Santa Rosalia“ beginnt als psychedelischer Kirchenchor-Verschnitt und endet in einer vollen Smashing Pumpkins-Breitseite. „Sun in Your Head“ und „Upon The Waves“ sind nette, aber verzichtbare Mellotron-Zwischenspiele, die weder stören noch auffallen.
Nichts weltbewegend Neues also in der Welt der Koblenzer. Man bleibt sich treu, man bleibt weiter auf hohem Niveau, man bleibt eine der besten und wichtigsten Rockbands Deutschlands. Vielleicht ist man noch ein bisschen verspielter geworden als auf „Tempo Tempo“, vielleicht auch stellenweise noch ein wenig sanfter. Jedenfalls ist „Anima Now!“ alles andere als ein radikaler Neuanfang, sondern bietet grundsätzlich Gewohntes: Ein paar Kracher, ein paar schlicht gute Songs, ein paar unbedeutende Filler, aber nichts, wofür sich Band oder Fans schämen müssten. Der unverwechselbare Soundstempel prangt ohnehin auf allem. Trotz neuem Sänger also: Blackmail bleiben Blackmail. Und wer sie bisher mochte, der wird das auch weiterhin tun.(Quelle:the pit.de)

Tracklist:
1. Resonant Wave
2. Deborah (Tipp)
3. Night School (Tipp)
4. The Whys Of The Ways (Tipp)
5. Sun In Your Head
6. Bugs (Tipp)
7. Monographic Doll
8. Telescope
9. Santa Rosalia (Tipp)
10. Rocket Soul
11. Sky On Sky (Tipp)
12. Upon The Waves
13. Dialogue Dial

Clip:
Deborah

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