Joan as Police woman - The Classic
Die
Musik-Castingshows wollen uns oft verkaufen, dass Soul-Gesang etwas
Bombastisches sei: immer noch eine Stimmpirouette mehr, herausgefeuert
mit der ganzen Inbrunst wild gewordener Wuchtbrummen. Je aufgebrezelter,
desto näher liegen die Hände der Juroren schon am Weiter-Drücker für
die nächste Runde. Aber es gibt auch noch ganz anderen Soul:
vorsichtigeren wie bei der Kanadierin Leslie Feist, verletzlicheren wie
beim tragischen Fall Amy Winehouse - und wie bei Joan Wasser, auch
bekannt als Joan as Police Woman.
Den von einer Fernsehserie der siebziger Jahre inspirierten
Namen darf man etwas albern finden. Aber Popkünstler nennen sich heute
eben manchmal seltsam, um Aufmerksamkeit zu finden - und die 1970 im
amerikanischen Bundesstaat Maine geborene Joan Wasser hat sie sich
redlich verdient auf ihrem langen Weg von der Bandmusikerin zur
Solokünstlerin. Die klassisch ausgebildete Violinistin fand in den
späten neunziger Jahren ihre Bestimmung für den Independent Rock,
debütierte aber erst 2006 mit dem Album „Real Life“. Schon auf „The Deep
Field“ (2011) zeichnete sich deutlicher der Soul-Einschlag in der
Stimme ab. Mit dem selbstbewusst-selbstironischen Werk „The Classic“
unterstreicht sie nun bekennerhaft ihre Neigung mit Retrosounds aus
Detroit und Memphis.Wie lässig sie mit dem heiteren Titelstück einen perfekten Doo-Wop-Song aus dem Ärmel schüttelt, der gänzlich a cappella gesungen ist und von der menschlichen Beat-Box des amerikanischen Comedian Reggie Watts grundiert wird, ist erstaunlich. Wie auch beim Gospel von „Holy City“ handelt es sich um eine deutliche Hommage, eine Feier der Musik von Aretha Franklin, Marvin Gaye und Stevie Wonder, wie die Künstlerin auch selbst bekennt. Bei anderen Stücken kommen zünftige Bläsersätze dazu. Und doch kann man nicht sagen, dass sich das Album in Retromanie erschöpft - dafür finden sich viel zu viele sperrige Elemente und Taktwechsel in den Liedern, die manchmal in einem furiosen Finale enden.
Als Gegengewicht zum Radioformat etwa dient das siebenminütige „Good Together“. Es ist eines der schmerzhaftesten Trennungslieder, die man je hörte, zudem erinnert es mit seinen verschiedenen Teilen an eine Mini-Oper. In einem davon wird man fast gespenstisch an „Back to Black“ von Amy Winehouse erinnert: Joan Wasser bewegt sich auch hier in der Tradition, findet aber lyrisch eine eigene Form. Aus der Schwärze sehnt sie sich zurück in die Welt mit der eindrücklichen Zeile „I’ll be in the back of the bath house / Wating for the heat.“ Das Badehaus der Gefühle wirkte selten einladender.(Quelle:FAZ)
Tracklist:
1 Witness
2 Holy City
3 The Classic
4 Good Together
5 Get Direct
6 What Would You Do
7 New Years Day
8 Shame
9 Stay
10 Ask Me
Clip:
Holy city
Kommentare
Kommentar veröffentlichen