Sophia - As we make our way (Unknown harbours)
Der Countdown hat sich mittlerweile wohl erledigt: "In spätestens zwei Monaten veröffentlich er auf seienr Page "Folks, it's the sadest Album I ever recorded" (sic!), schrieb der User "sosiehtsaus" am 11. April 2014 im Plattentests.de-Forum als Antwort auf die Nachricht, dass das Sophia-Kollektiv rund um Robin Proper-Sheppard ihre Rückkehr auf die Bühnen der Welt mitsamt neuem Material plane. Fast auf den Tag genau zwei weitere Jahre sollten tatsächlich noch ins Land gehen, bis mit "As we make our way (Unknown harbours)" endlich das langersehnte neue Album das Licht der Welt erblicken würde. Seit 2009 dauerte die Pause nach "There are no goodbyes" an, umso größer ist die Freude über das Wiedersehen und -hören mit Proper-Sheppard und seinen Kollegen – und umso größer auch die Überraschung, dass es sich tatsächlich um alles andere als das traurigste Album des aus Kalifornien stammenden Wahl-Belgiers handelt.
Er hat eben die Flucht nach vorne gewählt. Nach der herzzerreißend vertonten Liebeskummer-Bewältigungstherapie des letzten Werkes schwor Proper-Sheppard zumindest vorerst jeglichen Liebesbeziehungen ab, um sich auf sich selbst zu konzentrieren. Ein bisschen Selbstreflexion hier, ein wenig Wundheilung dort, schon schien das Glas eher halbvoll denn -leer. "As we make our way (Unknown harbours)" ist natürlich mitnichten eine Happy-go-lucky-Scheibe, streckt sich aber mehr denn je in der Geschichte von Sophia dem wärmenden Licht zu, statt sich in der Dunkelheit zu verkriechen. Eine Art Wechselspiel zwischen Hoffnung und Melancholie herrscht in den zehn Stücken vor, ohne einer Seite die Oberhand zu gewähren. "And don't take this the wrong way / But maybe I should just pack my things and go / It was a beautiful story / But I've been here before", singt Proper-Sheppard in "The drifter" und klingt abgeklärter als je zuvor, ohne im Dilemma einen Schuldigen zu suchen. Der Anker auf dem Cover deutet das Angekommensein dabei nur an – möglich, dass hier jemand bereit ist, sesshaft zu werden. Aber die stürmische See wirkt dann doch oft noch zu verlockend, und zu viele Häfen müssen erst noch entdeckt werden.
Stürmisch-aufwühlend wird es etwa im gegensätzlichen "You say it's alright", dessen polternde, geradezu die Hemdsärmel nach oben krempelnde Melodie im Kontrast zur einzigen, sich wiederholenden Textzeile steht, die mehr Traurigkeit und Ungewissheit birgt, als man beim ersten Mal wirklich wahrnimmt: "You say it's alright / But I know it's not alright at all." Die Mauer, die ein geliebter Mensch um sich herum hochzieht, kann selbst für die stärkste und längste Leiter manchmal eben unerreichbar hoch sein. Er habe "As we make our way (Unknown harbours)" absichtlich nicht "As I make my way" genannt, sagte Proper-Sheppard kürzlich in einem Interview, da das Album erstmals nicht nur von ihm handele, sondern auch von den Geschichten seiner Freunde. Möglich, dass das für etwas weniger Druck auf die Tränendrüsen sorgt, ganz sicher aber nicht für weniger Nachdruck in seinen Worten. Wenn er etwa im lieblichen "Blame" das poetische Bild eines vom Mond hängenden Briefes malt, der mit Sternen verziert ist, hat das einerseits etwas von fast kindlicher Unschuld, steht andererseits aber auch für eine stets schützende Hand, die zum Helfen bereit ist. Oder zum Auffangen.
Kurz vor Schluss setzt Proper-Sheppard dann doch noch mal die Segel Richtung Heimat. "And I just hope you know how much I wished I was there", singt er im düster-folkigen "Baby, hold on", um anschließend noch das versichernde und gleichermaßen flehende "I'm trying to come home" anzufügen, das in seiner emotionalen Tiefe so vieldeutig wie traurig ist. Auch auf seinem zumindest oberflächlich optimistischsten Album ist eben nicht alles so einfach, wie man es sich wünscht – außer die vermeintliche Einsamkeit. Das versucht jedenfalls das abschließende "It's easy to be lonely" glauben zu machen, das nicht nur mit einem astreinen Finale aufwartet, sondern auch mit einer der besten, weil wahrsten Zeilen in der mittlerweile zwei Jahrzehnte andauernden Karriere von Sophia: "We're the sum of our choices / And the chances we take." Am Ende ist es völlig egal, dass er verflixte sieben Jahre gebraucht hat für sein neues Album – Robin Proper-Sheppard hat seine Chance mit "As we make our way (Unknown harbours)" nicht nur erkannt, sondern auch genutzt und einmal mehr den Hafen für all jene seiner Hörer bereitgestellt, die noch auf der Suche sind.(Quelle: Plattentests)
Tracklist:
- Unknown harbours
- Resisting
- The drifter
- Don't ask
- Blame
- California
- St. Tropez / The hustle
- You say it's alright
- Baby, hold on
- It's easy to be lonely
Clip:
California
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