The Orwells - Terrible human beings




Eine dichte Menschenmenge. Junge Kerle in Anzügen geleiten einen älteren Herren an Amerika-Flaggen vorbei an ein Rednerpult. Hinter ihm sind "Vote for me"-Plakate zu sehen. Dann setzen glücklicherweise Drums ein. Das Schrammeln der Gitarre bestätigt endgültig, dass man es nicht mit einem Wahlkampfspot zu tun hat, sondern sich in einem Musikvideo befindet. Statt etwas darüber zu hören, dass George Orwells "1984" es wieder in die Bestsellerlisten geschafft hat, geben The Orwells in gewohnt breitbeiniger Manier "They put a body in the bayou" zum Besten und scheren sich dabei herzlich wenig um Politik. Mit ähnlich komplex verarbeiteten Themen wie der Autor hatten die Burschen aus der Nähe von Chicago auch auf "Disgraceland" nicht wirklich etwas am Hut. Dafür machte das Album aber mit einer Vielzahl einprägsamer Hooks eine Menge Laune und manchmal ist es ja auch genau das, was das Herz begehrt.
Die Stücke von "Terrible human beings" beweisen dabei erneut, dass die Jungs um Mario Cuomo gar keine Lust hatten, sich selbst neu zu erfinden. Lieber schauen sie sich etwas von den großen Brüdern im Geiste ab, heißen diese nun The Strokes, Ty Segall oder Black Lips. Oder eben "Black Francis", vor dem sich The Orwells ganz offen verneigen. Am besten funktionieren dabei geradlinige Garagen-Rock-Nummern wie das herrlich kurzweilige "Buddy", das mit seinen knapp 86 Sekunden wie der Großteil der restlichen zwölf Songs unter der drei-Minuten-Marke bleibt. Natürlich lässt sich ebenso zu den eingängigen "Fry", "Vacation" oder "Ring pop" wunderbar die Mähne schütteln und mitgrölen, doch schlagen letztlich auf "Terrible human beings" so viele Songs in die gleiche Kerbe, dass jeder weitere Hieb ein wenig stumpfer wird.
Lediglich das lässige "Hippie soldiers", das psychedelisch angehauchte "Body reprise" sowie der durch eine feine, sich wiederholende Basslinie auf sieben Minuten aufgepumpte Closer "Double feature" sorgen für ein wenig Abwechslung zwischen den im Vergleich zu "Disgraceland" minimal poppiger geratenen Songs. So verbreitet "Terrible human beings" zwar bei den ersten Durchgängen uneingeschränkt Freude, versammelt jedoch etwas zu viele Stücke mit zu geringer Halbwertszeit, um der auf dem Vorgänger vertretenen Selbsteinschätzung "We ain't the worst / We ain't the best" zu widersprechen. Stattdessen gibt "They put a body in the bayou" sogar eine weitere augenzwinkernde Losung preis: "Alright make it quick / Good songs make you rich." Auch wenn es natürlich eine befreiende Botschaft ist, nicht immer zu den Besten gehören zu müssen, um Erfolg zu haben, wäre es The Orwells zu gönnen, wenn sie sich in Zukunft ein wenig mehr aus dem Schatten der großen Brüder lösen würden. Bis dahin wird man dennoch wohlwollend über so manch berechtigten Einwand hinwegsehen, die Lautsprecher aufdrehen und auch zu "Terrible human beings" feiern.(Quelle: Plattentests)


Tracklist:
  1. They put a body in the bayou
  2. Fry
  3. Creatures
  4. Vacation
  5. Black Francis
  6. M.A.D.
  7. Buddy
  8. Hippie soldier
  9. Heavy head
  10. Body reprise
  11. Ring pop
  12. Last call (Go home)
  13. Double Feature


Clip:
Black Francis

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