Clueso - An und für sich

"An und für sich" kitzelt die Bauchdecke mit verspielter Alltags-Poesie und fordert auf, sich in Text und Ton zu verlieren. Hinter einer scheinbar nichtssagenden Floskel verbirgt sich mal wieder Großes: "An und für sich" ist einmal mehr genreübergreifend, vielseitig und ein weiteres Stück Entwicklung für den 30-jährigen Pop-Poeten aus Erfurt. Insgesamt 17 Kurzgeschichten erzählt Clueso, die den Hörer durch ihre bedingungslose Aufrichtigkeit packen und nicht mehr loslassen. Der Opener „Zu schnell vorbei“ ebnet den Zugang mit einer vertrauten Melodie, da er als erste Auskopplung bereits als Dauergast in den Playlisten der Radiostationen zu finden ist. Und auch „Beinah“ schmiegt sich mit ebenso anziehendem, radiotauglichen Charme an den Opener an und erfüllt die Erwartungen des Liebhabers deutscher Popmusik, die nach dem bisher kommerziellsten und erfolgreichsten Album "So sehr dabei" natürlich hoch gesteckt sind. Stillstand gibt es für Clueso bekanntermaßen nicht, so versucht er sich ständig neu zu erfinden und hält mit "Strassen sind leer" bereits an dritter Stelle die erste Überraschung parat: Als Uptempo-Nummer beginnend, richtet es sich an all die Politik-verdrossenen Nörgler, an die unengagierten Zeitgenossen und die achselzuckenden Spekulanten unserer Gesellschaft, bevor sich in der zweiten Hälfte des fast siebenminütigen Songs eindringlich elektronische Elemente entfalten. Im Outro dann ein idealer Clubtrack, sind die Elektro-Beats zunächst noch gewöhnungsbedürftig, setzen sich aber wie eine Warnung ins Ohr: So nicht, scheint er sagen zu wollen, denn „keiner hebt die Hand, alle lehnen sich an“. Entgegen diesem beatlastigen Track sind Songs wie "Rollen" und „Müsste gehen“ herrlich akustisch. Letzterer ist zudem der unsauberste und unkonventionellste Song der Platte, aber genau deswegen wunderbar lebendig und echt. Akustikgitarre und ein entspanntes Schlagzeug ergänzen die Erzählung Cluesos von dem Mädchen mit dem Stein, das Fragen stellt und Antworten will. Zweifelsfrei eines der vielen Highlights der LP - nicht zuletzt wegen der wahren Feststellung: „Wie man genießen kann, wenn man weiß, dass man geht“. Gerade noch davon gesungen, dass „über Sonne reden“ kitschig ist, „wie Songs über Regen“ schließt sich voller Ironie „Ey der Regen“ an. Mit dem Intro von Freundeskreis' A.N.N.A und Max Herres Stimme baut es keinesfalls als Coverversion auf, sondern entpuppt sich als ein ganz eigener Song. Deutlich wird dabei das Spiel mit den Inspirationsquellen, insbesondere dem Philadelphia Sound wie ihn der amerikanische Blues-Sänger D'Angelo prägte, von dem sich Clueso nur zu gern anregen lässt. „Herz“ wiederrum wird von Clueso selbst als der Nachfolger von "Gewinner" gehandelt, seinem bisher erfolgreichsten Song. Schmusepop, der Poren öffnet, dem Hörer ein Meer an Emotionen einflößt und dabei mitten ins "Herz" trifft. Mit "Ende" klingt "An und für sich" nach knapp 72 Minuten aus und ist, trotz beachtlicher Länge viel "zu schnell vorbei" Über die Songs von Cluesos neustem Werk ließen sich Romane schreiben. Höhepunkte sind großzügig auf der gesamten Platte verteilt. Es ist wie eine Reise: Man steigt ahnungslos, aber hoffnungsvoll in einen Bus ein, der an den verschiedensten Stationen des eigenen Lebens Halt macht. Zwar typisch Clueso aber dennoch vollkommen unvorhersehbar findet hier jeder sein künftiges Lieblingsstück, so dass am Ende nur die wundervolle Erkenntnis bleibt: „Ich kann nicht ohne leben“. (Quelle: motor.de)

Tracklist;:
01. Zu schnell vorbei

02. Beinah
03. Straßen sind leer
04. Müsste gehen
05. Ey der Regen
06. Dreh dich
07. Ich bin für’s Rollen
08. Stern
09. Herz
10. Baumkrone
11. Halt mich fern
12. Das alte Haus
13. Erklär mir
14. Du bleibst
15. Kleine Wunder
16. Nur bei dir
17. Ende

Clip:
Zu schnell vorbei

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