Carl Barat - Carl Barat
Noch vor einem halben Jahr wäre für die Medien die Sache klar gewesen: Carl Barât bringt ein Soloalbum heraus und begibt sich damit auf Konfrontationskurs zu Ex-Busenfreund Pete Doherty. Frei nach dem Motto: Siehst du, Pete, so wird das gemacht. Alles wäre angerichtet gewesen zum Duell der früheren Freigeister, zum Showdown von zwei der wichtigsten britischen Musiker des 21. Jahrhunderts. Hätte es da nicht jenen 31. März 2010 gegeben. Da saßen Doherty und Barât scherzend und lachend auf einer Couch, spielten Gitarre und verkündeten den Journalisten ganz nebenbei die Rückkehr der Libertines in Originalbesetzung. Im August wirbelten beide dann über die Bühne des Reading Festivals, als wären sie nie im Streit auseinander gegangen.
Ein Soloalbum hat Barât trotzdem gemacht - auch wenn es nun nicht als Kampfansage an Doherty verstanden werden soll. Dafür hätte es allerdings ohnehin kaum getaugt. Denn wie schon der Skandal-Kollege auf "Grace/Wastelands" entfernt sich auch Barât außerhalb des Bandkontexts stark vom rumpeligen Garagen-Britpop der Libertines, und die breitbeinigen Rockmusik der Dirty Pretty Things sucht man ebenso vergebens. Statt dessen taucht Barât ganz tief in jene Dekade ein, in der viele Grundlagen seines musikalischen Weltbildes gelegt wurden: die Sechziger. Dort ließ man bekanntlich noch die Songs sprechen und nicht die Gesten, und so verzichtet Barât komplett auf laute Gitarren und schweißgetränkte Arbeiter-Attitüde. Statt dessen schweben zarte Streicher durch die Ballade "Carve my name", während die Single "Run with the boys" mit Bläserunterstützung durch die Tanzhallen schwoft.
Nein, hartgesottene Libertines-Fans werden an "Carl Barât" sicher nicht allzu viel Freude haben. Doch unter der Music-Box-Oberfläche der zehn Lieder steckt trotzdem zweifelsohne der Barât, den man kennt. Seine Texte sind so ehrlich und direkt wie gewohnt, Liebesplattitüden sucht man zum Glück vergeblich. Die starken und teils dramatischen Melodien profitieren vom unaufdringlichen musikalischen Ambiente, und das in Zusammenarbeit mit Neil Hannon von The Divine Comedy geschriebene "The fall" steigert sich von Zeile zu Zeile in einen düsteren Gefühlsrausch hinein. Mit "Shadows fall" schickt Barât später noch einen zweiten streicherdurchtränkten Trauerkloß hinterher, der völlig neue Talente des 32-jährigen Londoners aufzeigt.
Ein Album also, das man dem Garagenrock-Urgestein nicht zugetraut hätte, weil es sich seiner poppigen Eingängigkeit nicht schämt und darauf trotz lebhafter Schunkler wie "Je regrette, je regrette" die melancholischen Töne klar überwiegen. Vorerst dürften die Libertines bei Barât noch höchste Priorität genießen. Aber sollte die Band wieder einmal an Dohertys Eskapaden zu Grunde gehen, hat er jetzt eine vielversprechende Solokarriere als Ausweichmöglichkeit in der Hinterhand. (Quelle:Plattentests.de)
Tracklist:
Clip:
Run with the boys
Ein Soloalbum hat Barât trotzdem gemacht - auch wenn es nun nicht als Kampfansage an Doherty verstanden werden soll. Dafür hätte es allerdings ohnehin kaum getaugt. Denn wie schon der Skandal-Kollege auf "Grace/Wastelands" entfernt sich auch Barât außerhalb des Bandkontexts stark vom rumpeligen Garagen-Britpop der Libertines, und die breitbeinigen Rockmusik der Dirty Pretty Things sucht man ebenso vergebens. Statt dessen taucht Barât ganz tief in jene Dekade ein, in der viele Grundlagen seines musikalischen Weltbildes gelegt wurden: die Sechziger. Dort ließ man bekanntlich noch die Songs sprechen und nicht die Gesten, und so verzichtet Barât komplett auf laute Gitarren und schweißgetränkte Arbeiter-Attitüde. Statt dessen schweben zarte Streicher durch die Ballade "Carve my name", während die Single "Run with the boys" mit Bläserunterstützung durch die Tanzhallen schwoft.
Nein, hartgesottene Libertines-Fans werden an "Carl Barât" sicher nicht allzu viel Freude haben. Doch unter der Music-Box-Oberfläche der zehn Lieder steckt trotzdem zweifelsohne der Barât, den man kennt. Seine Texte sind so ehrlich und direkt wie gewohnt, Liebesplattitüden sucht man zum Glück vergeblich. Die starken und teils dramatischen Melodien profitieren vom unaufdringlichen musikalischen Ambiente, und das in Zusammenarbeit mit Neil Hannon von The Divine Comedy geschriebene "The fall" steigert sich von Zeile zu Zeile in einen düsteren Gefühlsrausch hinein. Mit "Shadows fall" schickt Barât später noch einen zweiten streicherdurchtränkten Trauerkloß hinterher, der völlig neue Talente des 32-jährigen Londoners aufzeigt.
Ein Album also, das man dem Garagenrock-Urgestein nicht zugetraut hätte, weil es sich seiner poppigen Eingängigkeit nicht schämt und darauf trotz lebhafter Schunkler wie "Je regrette, je regrette" die melancholischen Töne klar überwiegen. Vorerst dürften die Libertines bei Barât noch höchste Priorität genießen. Aber sollte die Band wieder einmal an Dohertys Eskapaden zu Grunde gehen, hat er jetzt eine vielversprechende Solokarriere als Ausweichmöglichkeit in der Hinterhand. (Quelle:Plattentests.de)
Tracklist:
1. The Magus |
2. Je Regrette, Je Regrette |
3. She's Something |
4. Carve My Name |
5. Run With The Boys |
6. The Fall |
7. So Long, My Lover |
8. What Have I Done |
9. Shadows Fall |
10. Ode To A Girl |
Clip:
Run with the boys
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