Frittenbude - Delfinarium
Hedonistische Parolen im rauschhaften Klanggewand bestimmen einmal mehr die Soundsignatur. "Delfinarium" ist das dritte Album der bayrischen Audiolith-Jünger, deren Pläne nach eigenen Angaben folgendermaßen aussehen: erwachsen werden und das Sloganizing sein lassen. (Foto: Audiolith) Auf "Nachtigall" und "Katzengold" folgt nun also "Delfinarium" — das dritte Werk der Elektropunker, die wahlweise auch gern als junge Rap-Hoffnung bezeichnet werden. Dass der LP-Titel indes wieder tierische Züge anklingen lässt, könnte eine Anspielung auf die Zustände bei einer Bühnen-Performance der Band sein. Live treiben Frittenbude ihre animalisch-enthusiastischen Fans aus dem gedanklichen Zwinger, indem sie neben peitschenden Hooklines auch politische Statements loswerden. Somit sei nebenbei der immer wieder gebrachte Vorwurf, die Band würde bloß Deichkind nachahmen, entkräftet. Denn Frittenbude feiern nicht nur lustprinzipielle Hedonismus-Orgien, sondern zelebrieren auch ihren ganz eigenen, antideutschen Rave. Frittenbude - "Wings": Auf der neuen Platte setzt sich die Symbiose aus hemmungsloser Feierei und politischer Meinungsmache fort. Es scheint fast, als würde sich hinter Frittenbude eine gesellschaftlich-restaurative Instanz verbergen, die erst mit dem Versprechen tanzbarer Mucke lockt, um dann der unbeleckten Meute klammheimlich noch ihre antifaschistischen Standpunkte unterzuschieben. Das einprägsame "Deutschland 500" mit – Überraschung – Egotronic bestätigt dies. Über den puren Techno-Track hört man die Verfechter antideutscher Attitüde weckrufgleich um die Wette skandieren: "Hallo Deutschland / Du fühlst dich immer noch so deutsch an." Gerade durch die ständige Wiederholung des Wortes "Deutschland" wird dieses zunehmend entkräftet und verliert dadurch langsam seine Bedeutung — ganz im Sinne von Frittenbude vermutlich, die für Egotronic schon eine Version des linksautonomen Schlagers "Raven gegen Deutschland" produziert haben. Dass Frittenbudes Hang zur dringlichen politischen Meinungsmache letztlich auch nur auf einem nationalistischen Prinzip fußt, bleibt freilich paradox. Leider bietet die LP kaum eine Chance, auf eventuelle inhaltliche Tiefe von Frittenbudes Parolen einzugehen — "Delfinarium" powert und arbeitet stetig immer weiter im gleichen Electro-House-Trott. Gegen Ende der Platte, in "Gibt es eigentlich Uruguay noch?", kommt dann doch noch der Hinweis, dass Frittenbude der Spagat zwischen kesser Wortspielerei und gedanklicher Reife gelungen sein könnte: "Wenn nicht das Erreichte zählt / Sondern das Erzählte reicht" lautet der clevere Refrain im Song über das ständige Herumtreiben, ohne dabei jemals irgendwo anzukommen. Oder in "Heimatlos", wo die gleiche Thematik wiederum in ein gutes Licht gestellt wird: "Heimatlos und Spaß dabei / Wir sind heimatlos und einfach frei." Frittenbude - "Einfach nicht leicht": Wer sich nun "Delfinarium" ernsthaft auf den iPod lädt, tut dies vermutlich aus Gründen des Fansein, oder einem penetranten Archivierungswahn. Oder aber, um sich die eindringlichen Parolen noch tiefer ins Gewissen zu hämmern. Denn mal ehrlich: dieses Album — durch kleine weiße Ohrstecker gejagt — tut niemandem einen Gefallen. Frittenbude sind das, was viele eine gute Live-Band nennen würden. Ein verantwortungsvolles Konglomerat aus fieser Techno-Attitüde und dringlichem Four-to-the-Floor-Wahnsinn — auf der ständigen, pathologischen Suche nach neuen Inhalten.(Quelle: Motor.de)
Tracklist:
01. Von allem zu viel
02. Nur wegen dem Eiskonfekt
03. Wings
04. Deutschland 500 (feat. Egotronic)
05. Aufregende Farben
06. Heute nur einmal
07. Heimatlos
08. Dies das
09. Die Amsel (feat. Yari Safari)
10. Innere Altmark
11. Gibt es Uruguay eigentlich noch?
12. Heute bist Du nur ein Mädchen, das ich einmal gekannt hab
13. Erlös Dich von dem Schrott (feat. Danja Atari)
14. Zeitmaschinen aus Müll
15. So weit von Paris
Clip:
Wings
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