Smashing Pumpkins - Oceania
Jack Skellington, der Pumpkin King aus "Nightmare Before Christmas", hat sich an fremden Welten versucht und ist gescheitert. Seinem Vertreter auf Erden, Billy Corgan, ergeht es nicht anders. Weiterentwicklungen und Selbstverwirklichung werden vom schwindenden Fanlager ungern gesehen. weiterlesen
Letztendlich geht jeder der letzten Smashing Pumpkins-Platten ein Scheitern voraus. Nicht die Kürbisse, nein, die Träume von einem Leben außerhalb der Band zerschellten mit Zwan und "The Future Embrace". Der Weg führt mit "Zeitgeist" zurück ins sichere Halloween-Land.
Mit "Teargarden By Kaleidyscope" startete Corgan ein ehrgeiziges Projekt. Ein Konzept-Album aus 44 Liedern, umsonst und häppchenweise im Internet angeboten. Doch wo Radiohead triumphieren, schaut Corgan in die Röhre. Nur die wenigsten interessieren sich für das Online-Output.
Im Vorfeld von "Oceania" war nun durchaus eine gehörige Portion Skepsis angebracht. "Zeitgeist" klang erzwungen und hölzern, die Free-Downloads erschreckend blutleer. Ein paar der bisher veröffentlichen Tracks gehören zum Schlechtesten, das die Pumpkins bisher aufgenommen haben.
Doch bereits die ersten Takte blasen jeden Zweifel hinfort. "Quasar" kommt einem Aufruhr der Elemente gleich, einer bösen Erinnerung an "Warped" der Chili Peppers. Etwas vollkommen Unerwartetes geschieht. Beim Remastern von "Gish" und "Siamese Dream" wurden scheinst alte Geister geweckt. "Oceania" ist Liebe auf den ersten Blick und die beste Smashing Pumpkins-Platte seit "Adore". Mögen die ewig gestrigen weiterhin Chamberlin, Iha und Wretzky nachtrauern, die Pumpkins 2.0 haben mein Herz erobert.
Corgan hat sich nicht irgendwelche befehlserfüllenden Arbeitskräfte zur Seite geholt, wir hören eine funktionierende Band. Wie ein jugendlicher kraftstrotzender Klon des zuletzt lustlosen Chamberlin wirbelt Mike Byrne über seinen Drumkit. In ständiger Bewegung lässt er kaum Zeit zum Verschnaufen. Nicole Fiorentino liefert mit ihrem leichten Hang zu Peter Hook ein paar der schönsten Bassläufe seit Bestehen der Pumpkins ("Panopticon"). Selbst der anfangs so blasse Jeff Schroeder erblüht im Laufe von "Oceania" zu ungeahntem Glanz.
Über all dem thront ein verblüffend gut gelaunter Billy Corgan. In seiner nasalen säuredurchtränkten Stimme lassen sich gar ein Hauch von Sonnenschein und Lebensfreude entdecken. "I'm so alone, so alone / but better than I ever was," singt er im neunminütigen Prog-Rock-Track "Oceania". Das ist doch schon mal was.
Wie einst auf "Siamese Dream" sprudeln aus "Panopticon", "The Celestials" und "My Love Is Winter" hymnischen und verträumten Melodien, leicht und frisch wie ein Gebirgsbach. Dem entgegen steht nur der phantasielose Totalausfall "Pale Horse", mit seinen nervenden und klischeebeladenen Paukenschlägen. Den flirrenden Elektro-Balladen "One Diamond, One Heart" und "Pinwheels" gelingt ein kurzzeitiger Ausbruch aus dem vorherrschenden Klangbild. Ein Umfeld, in dem sich erstmals erkennen lässt, was für ein bezaubernder Zugewinn die Backing Vocals von Nicole Fiorentino darstellen.
Es scheint fast, als hätte Corgan all die Jahre der musikalischen Selbstzerfleischung benötigt, um noch einmal ein gutes Album zu Stande zu bringen. Wie einst Ikarus erhält "Oceania" von den neuen Pumpkins Flügel. Doch der erwartete Sturz durch die Nähe zur Doppelsonne "Siamese Dream" und "Mellon Collie And The Infinite Sadness" bleibt aus. Willkommen zurück, Pumpkin King. (Quelle: Laut.de)
Tracklist:
- Quasar
- Panopticon
- The Celestials
- Violet Rays
- My Love Is Winter
- One Diamond, One Heart
- Pinwheels
- Oceania
- Pale Horse
- The Chimera
- Glissandra
- Inkless
- Wildflower
Pale Horse
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