Hatcham Social - About girls
Es soll ja Leute geben, die alles mögen, worin tanzende Mädchen vorkommen. Auch Franz Ferdinand gaben einst zu Protokoll, dass sie sich ihre Musik am liebsten als solche vorstellen, zu der das weibliche Geschlecht den Dancefloor bevölkert. Doch da von den Schotten schon längere Zeit nichts mehr zu hören war: Wie wäre es mit Hatcham Social aus London als Gegen- oder zumindest Ersatzveranstaltung? Die haben es laut Albumtitel nämlich auch mit den Mädels und sehen es bestimmt genauso gerne, wenn diese zu ihren Songs tanzen. Indie-Megaseller wie ihre mutmaßlichen Gesinnungsgenossen sind die vier zwar noch nicht - doch angesichts eines Albums wie "About girls" stehen ihre Chancen gar nicht schlecht.
Woher die Mädels kommen, ist dabei zweitrangig - Hatcham Social können sich auch mit einem "NY girl" prächtig amüsieren, wie der launige Opener belegt. Musikalisch bleibt das Quartett jedoch vornehmlich im Vereinigten Königreich, von ein paar New Yorker Anleihen beim Television-Klassiker "Marquee moon" einmal abgesehen. Eine Einordnung, die auch zeitlich nicht von der Hand zu weisen ist: "About girls" orientiert sich mit seinem im Vergleich zum Vorgänger "You dig the tunnel, I'll hide the soil" abgespeckten Sound deutlich am reduziert rhythmusbetonten Post Punk, wie er Ende der siebziger Jahre aufkam. Noch gelegentlich ein wenig von der perkussiven Strubbeligkeit eingeworfen, die einst die Vertreter des Madchester-Rave auszeichnete - fertig ist die Tanzlaube.
Und in der ist jede Menge los: Schrill platzen die Gitarrenriffs auf wie einst beim Joy-Division-Vorläufer Warsaw (oder dessen jüngsten Wiedergängern Black International) und geben den Blick auf stachelig-glamouröse Popsongs frei, während Tobias Kidds näselnde Phrasierung zuweilen an einen juvenilen Bryan Ferry denken lässt. Hinterm Berg halten Hatcham Social mit ihren Inspirationsquellen also nicht gerade - doch das taten die hier endlich einmal gebührend beerbten Rakes in ihrer leider überschaubaren Drei-Alben-Karriere schließlich ebensowenig. Auch wenn Kidd sich anders als Alan Donahue auf der Bühne vermutlich nicht als dandyhafte ADHS-Kreuzung aus Ian Curtis und Jarvis Cocker gerieren wird - dafür sind er und seine Band einfach zu nette Jungs.
Und die stehen bekanntlich auf nette Mädels - ob sie nun wie "Lois Lane" aus dem Universum der DC-Comics stammen und sich zu abgezirkeltem Ohrwurm-Riff mit einem schlanken Instant-Hit besingen lassen oder beim schwanzwedelnden Singalong des selig glucksenden "I look like a god when you dance with me" im Hintergrund gleich mitjubilieren. Zuweilen droht es Kidd zwar an den Kragen zu gehen, doch solange Zeilen wie "You make me kill like an animal / My face is getting longer / Shoot me down" oder "Bang bang now I'm dead / Fifty bullets are in my head" mit solch seufzender Chuzpe und himmelsstürmenden Popmelodien vorgetragen werden, schmälern sie den Unterhaltungswert von "About girls" kein bisschen. Kalte Frauen, warmes Bier? Nicht auf diesem wunderbar beziehungsreichen Album.(Quelle:Plattentests)
Tracklist:
01 – NY Girl
02 – Nicola Tells Me
03 – Lois Lane
04 – Like an Animal
05 – Shut Your Mouth
06 – Little Savage
07 – Invention of Air
08 – I Look Like a God When You Dance With Me
09 – Escape from London
10 – Would You
11 – All Summer Long
12 – Somebody Else’s You
13 – Stick Together
Clip:
NY Girl
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