La Grande Illusion - Metal Saint
Heiko
Badje alias La Grande Illusion ist wohl das, was man gemeinhin unter
einem Eigenbrötler versteht. Es fällt nicht schwer, sich ihn, den
schmalen, etwas unscheinbaren Typen, in seiner Wohnung vorzustellen, wie
er als One-Man-Band vertieft an seinen Songs bastelt und dabei die Zeit
vergisst. Für sein neues, inzwischen drittes Album unter dem Namen La
Grande Illusion, „Metal Saint“, hat er es immerhin gewagt, sich Pascal
Fuhlbrügge als Produzenten dazuzuholen, „eine ganz neue Erfahrung“, so
Badje.
Fuhlbrügge war einst, lang ist es her,
Mitglied der legendären Prä-Hamburger-Schule-Band Kolossale Jugend und
Ende der achtziger Jahre Mitbegründer des Labels L’age d’or. Heute hat
er sich als Produzent und Musiker vom Klangideal der Hamburger Schule
weit entfernt, und auch die Musik von La Grande Illusion hat damit rein
gar nichts gemein.
„Metal Saint“ umfasst zwölf träumerische
Popsongs in englischer Sprache, die ihr Potenzial erst nach mehrmaligem
Hören entfalten. Denn gerade wenn man die melodischen, ziemlich leicht
verdaulichen Songs leichtfertig in die Schublade der
Latte-macchiato-Gemütlichkeit gesteckt hat, fallen einem Elemente auf,
die die vordergründige Straightness durchbrechen.
In den verspielten Arrangements halten
sich instrumentale Überraschungen bereit. Hier entdeckt man das
sorgfältig platzierte Klingeln einer Triangel, dort Cembaloklänge, oder
in „Until the end“ eine Trompete, die die Melodie des Refrains
mitbrummt: „And I will find another stream / Where I can live
eternally“.
„Das ist eine Mundtrompete“, korrigiert Badje, sichtlich stolz auf
diese Idee, ihm fiele spontan kein anderes Lied mit Mundtrompete ein,
sagt er und lacht. Der Ohrwurm jedenfalls, den vielleicht jedes
gelungene Popalbum braucht, ist ihm damit gelungen. Dass La Grande
Illusion mit seiner verträumten Popmusik nicht das Rad neu erfindet,
weiß Badje selbst. „Aber kann man überhaupt was richtig Neues machen?
Das frage ich mich oft“, sagt er mit der Mischung aus Gleichgültigkeit
und dem Wunsch nach ebendiesem Neuen, die unserer Zeit eigen zu sein
scheint.
So bleibt Badje mit „Metal Saint“
inhaltlich weitgehend bei dem, was sich für ihn bewährt hat. Die Songs
handeln von persönlichen Erlebnissen mit einer Perspektive, die durchweg
nach innen gerichtet ist. „Ich würde sagen, die Songs entstehen aus
inneren Traumreisen, wenn sich das nicht so esoterisch anhören würde“,
sagt Badje.
Meist gibt es ein „I“ und ein „You“,
letzteres wird aber weniger als reales Gegenüber angesprochen, sondern
als Objekt einer Erinnerung oder eines Traums. „You’re checking me out /
And you still don’t know me“, singt er etwa auf dem Titelstück „Metal
Saint“. Es ist eine melancholische, dem Herbstblues seinen Weg ebnende
Einsamkeit, die die Songs ausstrahlen.
Was konkret hinter den Texten steckt, das
kann oder möchte Badje nicht sagen, generell redet er nicht gern über
sich. Lieber fachsimpelt er über Musikdiskurse der letzten Jahrzehnte,
und tief darin begraben liegt dann das, was La Grande Illusion ausmacht.
In den neunziger Jahren fing Badje an, als Do-it-yourself-Musiker mit
4-Spur-Rekorder Aufnahmen und dem Genre des Lo-Fi-Pop
herumzuexperimentieren. War dann, wie es sich wohl für einen in den
neunziger Jahren sozialisierten Musikliebhaber gehört, „viel clubmäßig
unterwegs“.
Mitte der nuller Jahre brachte er schließlich sein Debütalbum als La
Grande Illusion heraus. Später folgten elektronische Projekte, etwa mit
dem Ambient- und Minimalkünstler Markus Guentner. Badje ist ein
introvertierter, aber vor allem ein klangverliebter Typ, der sich in
stundenlangem Jammen mit Mellotron und Gitarre auf der Suche nach dem
perfekten Sound verlieren kann.
Es ist eben diese Liebe zum Klang, die
„Metal Saint“ davor bewahrt, in Gefühlsduselei zu verfallen. Denn
während die Texte oft im Vagen bleiben, was man durchaus auch zu gewollt
lyrisch finden kann, sprechen die Melodien eine deutlichere Sprache.
Eines der besten Stücke ist deswegen das Instrumental „Flasher“, ein
sich langsam entfaltender, Ambient-angehauchter, zehnminütiger Track, zu
dem die Blätter vor dem Fenster noch schöner zu fallen scheinen.
Klänge und Melodien sind es, die beim
Hören Bilder, eine träumerische, dem Alltag entrückte und farbenfrohe
Welt erschaffen. Sie führen von der bedrückenden inneren Welt nach außen
und klingen bisweilen fast ironisch, weil viel fröhlicher als das, was
die Texte suggerieren.
Das könnte man nun paradox oder
unharmonisch finden. Oder es ganz einfach als den allzu menschlichen
Versuch sehen, die Streiche, die einem das Leben so spielt, nicht allzu
schwer zu nehmen.(Quelle: TAZ.de)
Tracklist:
1. Paper Moon 4:12
2. Cooleo 3:42
3. Scared Of You 3:39
4. Nautics 3:18
5. Playgrounds 3:51
6. Silly Papa Grey 3:30
7. Until The End 4:07
8. Wait Wait Wait 3:43
9. When Snow Appeared 3:16
10. Holy Weather 3:18
11. Metal Saint 5:15
12. Flasher 12:59
2. Cooleo 3:42
3. Scared Of You 3:39
4. Nautics 3:18
5. Playgrounds 3:51
6. Silly Papa Grey 3:30
7. Until The End 4:07
8. Wait Wait Wait 3:43
9. When Snow Appeared 3:16
10. Holy Weather 3:18
11. Metal Saint 5:15
12. Flasher 12:59
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