Hamilton Leithauser - Black Hours

 Aufs erste Hinschauen könnte man sich den Mann durchaus in einer Kneipenschlägerei vorstellen. Realiter ist Hamilton Leithauser ein freundlicher, kultivierter, belesener Gent-leman, der aus Büchern Inspira- tion für seine Texte schöpft. Und er ist einer der letzten genuin charismatischen Rock-Performer. Keineswegs von der angeborenen Bühneneleganz eines Mick Jagger, weiß er kraft seiner schieren Präsenz und seiner mächtigen, in den höheren Bereichen etwas heiseren Stimme in den Bann zu ziehen.
Pause nach Ochsentour
Leithauser war Sänger und Haupt-Songschreiber der Walkmen. Mit einem kategorischen "Retro"-Verdikt belastet und nachgerade kriminell unterschätzt, zählte die Band, die auf gleichermaßen kraftvoller wie auch subtiler Gitarren-Basis Punk, Rhythm & Blues und eine gewisse Schwermut mit eigentümlich südländischem Einschlag vermengte, zu den Schwerarbeitern in der Musikszene. Ochsentouren waren über die Jahre ihr hartes Brot und so nimmt es nicht wunder, dass die Formation - just nach ihrem größten Erfolg mit dem Album "Heaven" (2012) - auf absehbare Zeit den Betrieb eingestellt hat.
"Es war durchaus eine Menge positiver Energie in den Walkmen", sagt Leithauser im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Aber wenn man es so lange gemacht hat wie wir, fällt man in eine Art Rolle. Du lernst, was geht - und was nicht. Daraus entwickelt sich eine Art Politik oder auch Routine, und was immer du versuchst, um dem Ganzen einen neuen Anstrich zu geben, du hast dann immer wieder dieses Element der Gleichförmigkeit, dem du einfach nicht entkommst."
Also hat Leithauser sich selbstständig gemacht und bringt dieser Tage sein erstes Solo-Album heraus: "Black Hours". Begleitet haben ihn dabei Amber Coffman (Dirty Projectors), Morgan Henderson von den Fleet Foxes, Rostam Batmanglij, Keyboarder und Gitarrist bei Vampire Weekend, Richard Swift (The Shins) - und Paul Maroon, neben Leithauser der zweite Star der Walkmen. Maroon ist hier nicht nur mit seinem famosen, perlenden Gitarrenspiel zu hören, sondern auch am Piano. Vor allem aber ist er - neben Batmanglij - Leithausers Co-Autor bei mehreren Stücken.
"Mit Paul habe ich eine kons-truktive Songwriter-Partnerschaft. Um die Zeit, als die Walkmen entschieden, nicht mehr miteinander zu spielen, hatten er und ich schon sechs Songs zusammen geschrieben. Und ich mag nicht unbedingt vier oder fünf Monate meines Lebens umsonst gearbeitet haben, nur weil gerade eine etwas patscherte Situation ist", sagt Leithauser.
Trotz Maroons Mitwirken ist "Black Hours" kein bisschen in der Vergangenheit geerdet. Hätten daran denn irgendwelche Zweifel bestanden, so räumt sie gleich der Einstieg aus: "Listen!", beginnt Leithauser zu feierlich angeschlagenem Grand Piano, um mit steinerweichender Stimme und leisem Augenzwinkern sein Leid zu klagen: "Do you wonder why I sing these love songs, when I don’t have no love at all?"
"5 AM", wie der Eröffnungssong heißt, ist eine klassische Crooner-Ballade im Stile Frank Sinatras. "Das war der erste Song, den ich für diese Platte geschrieben hatte. Und da war es klar, dass ich in eine neue Richtung unterwegs bin. Meine Vorstellung war, die ganze Platte in diese Richtung gehen zu lassen. Das passierte dann zwar nicht, aber es war zumindest meine erklärte Absicht."
An der Wegscheide
Einigen weiteren Songs hört man das ursprüngliche Ziel, ein orchestral gerahmtes Album zu machen, deutlich an: Dem swingenden "The Silent Orchestra" - Leithausers eigenem Favoriten auf dem Album -, sowie dem besonders schönen "St. Mary’s County", einer Kindheitserinnerung an eine Gegend außerhalb von Washington D.C.
Mit dem dynamischen "Alexandra" und "I Retired", einer klassischen, (selbst-)ironischen High-Intensity-Rock-Ballade, sei er dann, erklärt der Sänger, an einer Wegscheide gestanden. "Ich dachte zuerst, diese Songs würden nie auf diese Platte passen und ich sollte sie auf ein separates Album geben. Dann aber stellte sich heraus, dass sich all die unterschiedlichen Songs durchaus vertrugen. Es ist eben mehr als nur eine Orchester-Platte - und mehr als nur eine Rock-’n‘-Roll-Platte. Es ist ein Auf und Ab - und genau deshalb funktioniert es." (Quelle: Wiener Zeitung)

Tracklist:

1. 5 AM
2. The Silent Orchestra
3. Alexandra
4. 11 O'Clock Friday Night
5. St Mary's County
6. Self Pity
7. I Retired
8. I Don't Need Anyone
9. Bless Your Heart
10. The Smallest Splinter

Clip:
 Alexandra

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Trentemoeller - Reworks

Silver Lining - Heart and Mind Alike