Howling Bells - Heartstrings
Abendrot-Himmel, ein weites, trockenes Kornfeld, lauer Sommerwind – hach! Und eine abendliche Brise weht warm und dazu so schwach, dass sie den geschwungenen Streifen auf dem Cover von Howling Bells' "Heartstrings" rein überhaupt nichts abkann. Nein, nein, wir wollen nicht lästern. Schließlich hat fast keiner etwas gegen warme Sommerabende. Außerdem haben sich Howling Bells zum Abschied auch optisch noch einmal richtig Mühe gegeben. Zum Abschied!? Nein – also, jein. Zumindest muten Aussagen wie diese schon etwas seltsam an: "Durchaus glücklich sterben" würde Sängerin Juanita Stein, "wenn Heartstrings das letzte Album der Howling Bells wäre". Fallen solche Worte im Zuge einer Neu-Veröffentlichung, kann es es kaum verwundern, wenn ein wenig gemunkelt wird.
Und den Aussagen von Frau Stein kann Glauben geschenkt werden, wenn man beispielsweise das zarte "Paper heart" vorab zu Ohren bekommt, dem trotz aller pianoerfüllten Schönheit eine gewisse Schwermut innewohnt. Oder "Euphoria" als Maßstab nimmt, das verglichen mit seinem Titel eher gegenteilige Stimmung verbreitet. Doch die Sorge ist unberechtigt. Vom Selbstmitleid über den bisher verwehrt gebliebenen großen Durchbruch sind Howling Bells weit entfernt. Man höre den treibenden Bohemian-Rock von "Original sin", oder beachte "Possessed", das in nicht einmal zwei Minuten aus der staubigen Garage hinauspoltert, als wäre man nach der schönen Liebeserklärung an "Paris" gar schon weggeschlummert. Nein, ein Nickerchen aus Langweile gönnen Howling Bells einem kaum. Dafür sind die Wahl-Londoner viel zu gute Songschreiber und reizen die für sie typische Klangwelt auf ihrem vierten Album ziemlich variantenreich aus. "Tornado" etwa reitet auf furztrocken getrommelter Bahn durch die Prärie, die Horde der Sturmjäger folgt gebannt. Die Single "Your love" lebt eher von den unorthodox getakteten Drums und der schönen Melodieführung – und natürlich von Steins wahrlich toller Stimme, die in gewissen Momenten ganz nahe bei Nina Persson ist.
Aufgenommen wurde "Heartstrings" von Catherine J. Marks (Foals, PJ Harvey) und dem Produzenten-Guru Alan Moulder (Nine Inch Nails, Smashing Pumpkins). So hat diese im doppelten Sinne gute halbe Stunde Howling Bells auch genau den hier klaren, dort mal staubigen, aber immer atmosphärischen Sound verpasst bekommen. Ein Paradebeispiel dafür ist "Slowburn", das zwischen alten Cardigans und dreckigen Blood Red Shoes immer noch genug in die Breite atmet und Luft für Höhen lässt – und das in kompakten 2:42 Minuten. Überhaupt ist das Schöne an Howling Bells, dass vordergründig alles so harmonisch ausgeleuchtet scheint, aber unter'm Strich der Rock'n'Roll immer brodelt. Wäre "Heartstrings" also vielleicht tatsächlich ein guter Abschluss? Oder gar eine Platte, die man unter Umständen in den Schrein stellt oder die man mit in den Rucksack für die berühmte einsame Insel packt? Solche Messlatten sind ungerecht, weil sie sicherlich zu hoch liegen. Aber Fakt ist auch, dass "Heartstrings" eine auch im zehnten Jahr noch mit großem Songgespür agierende Band abbildet, die mal so gar nicht nach Schlussakt klingt. Wäre auch ein Jammer, nicht nur angesichts der bevorstehenden, lauen Sommerabende.(Quelle: Plattentests)
Tracklist:
01 - Paris
02 - Possessed
03 - Your Love
04 - Slowburn
05 - Tornado
06 - Euphoria
07 - Paper Heart
08 - Original Sin
09 - Reverie
10 - Heartstrings
Clip:
Your love
Gambar Ayam Sabung
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