Drowners - On Desire
Das Album hat vermutlich nicht mal eine Halbwertszeit von drei Monaten, aber gerade macht es Spaß", urteilte ein geschätzter User von Plattentests.de Anfang des Jahres 2014, als das selbstbetitelte Debüt der US-Indieband Drowners erschien. Den ersten Teil dieser Aussage darf man angesichts des hohen Unterhaltungsfaktors dieser Platte durchaus als überzogen ansehen – den Kern trifft sie beim Blick in den Rückspiegel dennoch. Womit wir wieder mal hineinplatzen in die immer aktuelle und leicht nerdige Diskussion: Ist der Faktor Innovation das vermeintlich wichtigste Gütekriterium neuer Musik-Releases? Wer Drowners mag, verneint diese These. Es ist nun mal Fakt, dass der Vierer in seinem Song-Baukasten eher hinreichend auf ihr Funktionieren getestete Versatzstücke aus der Brit-Rock-Ära der letzten 20 Jahre gesammelt hat. Wenn die Songs dann allerdings derart angenehm und launig in Mark und Bein geht wie die von Drowners, ist das beileibe nicht verwerflicher als die Freude eines Hobby-Kochs am Gelingen des selbstgemachten Thai-Currys, dessen Rezept zuvor viele Sternchen bei Chefkoch.de sammelte.
Dass Drowners in ihrem Genre zu sehr auf Nummer sicher gehen würden, wäre darüber hinaus gelogen. Zwar versprühen der Opener "Troublemaker", das tolle "Someone else is getting in" mit seinen wildgewordenen Gitarren oder der im feinen Zwirn polternde Rocker "Another go" nach wie vor den Vibe des Vorgängers, der die Eleganz von Morrissey mit gelegentlichen Rock'n'Roll-Austretern paarte. Dennoch, wie so oft bei der zweiten Platte einer jungen Truppe, klingen die New Yorker auf "On desire" über weite Strecken merklich gesetzter. Der neue Reifegrad äußert sich in weniger stürmischem, dafür umso akzentuierterem Songwriting. Im schwelgerischen "Human remains" etwa lassen Drowners nur zu gerne den Synthieflächen den Vortritt und huldigen mit gelungenem 80s-Pop-Einschlag der unverwüstlichen The-Smiths-Aura. Es duftet weniger nach dem dreckigen Charme miefiger Clubräume. Doch das macht nichts, denn selbst wenn der Zweitling weniger offensichtliche Hits mitbringt als das Debüt – ein Pluspunkt ist die Produktion von Claudius Mittendorfer (Interpol, Johnny Marr), die der Weiterentwicklung des Sounds gut zu Gesucht steht. Genau wie Sänger Matthew Hitts sanfte und dennoch eindringliche Stimme, die sich in Sachen Variabilität hörbar verbessert hat.
Mehr Luft zum Atmen nimmt sich auch das schwelgerische "Dreams don't count", während "Trust the tension" sich gar ins fahle Licht begibt und der dunklen Seite des 80s-Pop die Ehre erweist. Mehr Facettenreichtum regiert – auch das ist ein Markenzeichen der reifenden Drowners. Und spätestens dem dritten Durchgang wird eine weitere entscheidende Stärke dieser Platte offensichtlich: Die feinen Riffs und Melodien von Leadgitarrist Jack Ridley wollen nach dem Zubettgehen nur schwerlich wieder aus den Hirnwindungen verschwinden. Dazu gibt der Britpop-Beat stets den Takt vor, wie die zweite Auskopplung "Conversations with myself" zeigt. Schon mal versucht, mit zuckendem Bein einzuschlafen? Das beste Gitarrenthema der Platte hat jedoch die Hit-Single "Cruel ways" abbekommen und ist damit ein Anwärter auf diverse Mixtapes dieses in die Halbzeit schielenden Musikjahres 2016. "On desire" bietet genügend gute Musik für den kurzweiligen Moment, dem man im Sommer herbeisehnt. Und den man – so viel sei an dieser Stelle versprochen – diesmal etwas länger genießen kann. (Quelle: Plattentests)
Tracklist:01. Troublemaker 02:41
02. Cruel Ways 03:24
03. Human Remains 03:51
04. Someone Else Is Getting In 03:57
05. Dreams Dont Count 03:34
06. Conversations With Myself 04:42
07. Trust The Tension 04:00
08. Another Go 03:12
09. Pick Up The Pace 04:18
10. Dont Be Like That 03:43
Clip:
http://www.juno.co.uk/products/drowners-on-desire/611411-01/
Kommentare
Kommentar veröffentlichen