Nelly Furtado - The Ride




Miley Cyrus, Lady Gaga, Beyoncé, Vanessa Carlton, Michelle Branch. Um nur ein paar zu nennen. Allesamt haben sie in ihren jüngsten Werken die Nähe zu Künstlern aus der alternativen Ecke gesucht, sei es als Songwriter oder in der Besetzung des Produzentensessels. Das "Indie-Album" ist auf gutem Wege, als Karrierebaustein ein fester Bestandteil in der Laufbahn eines Popstars zu werden. Unter diesem Aspekt verwundert es deshalb weniger, wenn sich Nelly Furtado mit ihrem sechsten Longplayer "The ride" zu diesem Reigen gesellt. "Mi plan" und "The spirit indestructible" waren schließlich kommerziell und mindestens im ersten Fall auch künstlerisch ziemliche Reinfälle. Da hilft nur der willkommene Reboot – und niemand Geringeres als John Congleton darf sowohl Produktion als auch Co-Songwriting übernehmen. Der Veteran hat in diesen Dispziplinen eine ausschweifende Vita sowie die letzten Jahre klangvolle Namen wie Explosions In The Sky, St. Vincent oder Xiu Xiu unter seinen Fittichen gehabt.
Es überrascht trotzdem, wie gut dieser eigentlich sehr simpel gedachte Plan aufgeht. Rein qualitativ zumindest. Denn leichtes Radiofutter gibt es auf "The ride" kaum bis gar nicht. Selbst einem verdammt eingängigen Refrain wie in "Live" fahren so viele Störgeräusche, Breaks und Eigenheiten in die Parade, dass er im Äther zwischen Taylor Swift und Justin Bieber wenig vorstellbar ist. Congletons Handschrift ist zu jeder Sekunde spürbar: Die Drums sind meist laut nach vorne, kratzend im Ohr gemischt, es fiept und brummt an jeder Ecke, selten funktionieren die Stücke nach bewährtem Schema. Freilich nicht komplett unzugänglich – aber durchaus mit ordentlich Schräglage. "Have you just grown up / And given up? / And you don't believe in magic anymore?", fragt eine frisch entflammte Furtado in "Magic", bevor sich der entschlossen orgelnde Höhepunkt wie eine Blüte entfaltet und ebensolche Magie spüren lässt. Hier hat sich ein Team gefunden. Auch das aufbrausende Finale von "Sticks and stones" oder der mit flächigem Lärm bedeckte Zwischenpart im psychedelisch schimmernden "Paris sun" lassen sich kaum in der ersten Minute des jeweiligen Songs vorhersehen.
Nach hübschem Pop, Vamp-Werdung mit Timbaland-R'n'B-Sound und zugegeben recht furchtbarem spanischen Gedudel ist "The ride" ein weiterer Eintrag in der Diskografie der Kanadierin, der so gut wie alle Verbindungen zu seinen Vorgängern kappt und ihre Wandelbarkeit zwischen verschiedenen Sounds unterstreicht. Und womöglich hat es sich noch nie so sehr gelohnt wie für diese zwölf relativ komplexen Konstruktionen, die nicht selten an St. Vincents kantige Gitarren-Exkursionen erinnern. Pop? Ja, aber es fühlt sich dennoch so anders und eigen an. Selbst wenn "Phoenix" als einzige echte Ballade am Ende das etwas abgegriffene Aschevogel-Motiv aufwärmt, berührt das – sei es im übertragenen Sinn durch die warmherzige Melodie oder auf ganz physische Weise aufgrund des angenehm grollenden Basses. "I know the right way / I know the right road to take", proklamiert Furtado einen Song davor. Und dieses Mal hat sie absolut recht.(Quelle: Plattentest)


Tracklist:
01. Cold Hard Truth
02. Flatline
03. Carnival Games
04. Live
05. Paris Sun
06. Sticks and Stones
07. Magic
08. Pipe Dreams
09. Palaces
10. Tap Dancing
11. Right Road
12. Phoenix


Clip:
The Ride

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