John Mellencamp - Sad clowns & hillbillies




John Mellencamp hätte Bruce Springsteen sein können, aber hatte keine Lust. Als er im Jahr 1982 mit "Jack and Diane" und "Hurts so good" die US-Charts dominierte, schien der Weg zum Weltstar kurz zu sein. Doch während Springsteen wenige Jahre später mit "Born in the USA" den Sprung vom anerkannten Songwriter zum Mainstream-Künstler schaffte, blieb Mellencamp stur. Statt seinen Stil dem internationalen Markt anzupassen, wurde er von Album zu Album amerikanischer. Ein Schachzug, der dem Sänger eine treue Fangemeinde in der Heimat bescherte: Die Liste von Mellencamps Top-20-Alben ist fast so lang wie seine gesamte Diskografie. Und das ist kein Zufall.
Denn die Alben des Mannes, der sich einst Cougar nannte, waren stets von hoher Qualität. Vorhersehbar zwar, bisweilen spröde bis altbacken, aber immer ziemlich gut. Mellencamps neuestes Werk "Sad clowns & hillbillies" setzt diese eindrucksvolle Serie fort. Bereits die ersten drei Songs stecken den Claim ab: Folk- und Roots-Rock stehen in der Mitte, Country- und Bluegrass-Anleihen sind immer in Reichweite. Und über allem thront eine Stimme, wie sie nur Zigaretten hervorbringen können. Experimente? Lieber nicht. Einzig ein verirrter Sample-Beat in "Grandview" sorgt für kurzes Erstaunen. Ansonsten ist die Instrumentierung ebenso traditionsbewusst wie geschmackvoll. Besonders die herrlich klingenden Akustikgitarren schmeicheln den Ohren.
Mellencamp verkörpert dabei Souveränität: Egal, ob er im 6/8-Takt über verflossene Liebe sinniert oder zu beschwingtem Wechselbass den Knurrer mimt: Musik, Text und Gesang ergeben eine Einheit. Zwar dürften die recht prominent auftretenden Country-Fiedeln manchem Hörer sauer aufstoßen, sie ergeben im Songwriting-Kosmos des Amerikaners jedoch absolut Sinn. Das hier ist Musik, die gar nicht anders klingen darf. Wenn sich in "Early bird cafe" Mundharmonika und Hammond-Orgel duellieren oder bei "Sad clowns" die Steel Guitar ausgepackt wird, dann ist das Zielgruppenorientierung par excellence. Selbstironie inklusive: "I don't wait on women / I don't open doors / Not much of a gentleman / And by the way: I keep score", kalauert Mellencamp. Ja, der darf das.
In mehreren Songs gesellt sich Carlene Carter ans Mikrofon, deren klare Stimme hervorragend mit dem rauhen Organ Mellencamps harmoniert. Vor allem im verschwitzten "Damascus road" sorgt der Kontrast zwischen den Vokalisten für wohlige Gefühle. Auch das flotte "My soul's got wings" profitiert vom Duettgesang der beiden Künstler. Den Höhepunkt des Albums liefert der Songwriter jedoch solo: "Easy target", eine düstere Abrechnung mit dem politischen Zeitgeist der USA, würde sich auch auf einem Tom-Waits-Album hervorragend machen. Genau solche Songs sind es, die Mellencamps Erfolg ins rechte Licht rücken: Dieser Mann verkauft nicht nur eine Menge Platten. Er ist wichtig.(Quelle: Plattentests)


Tracklist:
  1. Mobile blue
  2. Battle of angels
  3. Grandview
  4. Indigo sunset
  5. What kind of man am I
  6. All night talk radio
  7. Sugar Hill Mountain
  8. You are blind
  9. Damascus road
  10. Early bird cafe
  11. Sad clowns
  12. My soul's got wings
  13. Easy target


Clip:
Grandview

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