The Mountain Goats - Goths
Manchmal muss man nur ordentlich Anlauf nehmen, dann klappt auch der weiteste Sprung. "Beat the champ", das 2015 veröffentlichte letzte Werk von The Mountain Goats, war eine liebevolle Hommage an die Kindheit von Sänger John Darnielle und die damit verbundene Leidenschaft für Wrestling. Was kann nur darauf folgen? Logisch: ein Gothic-Konzeptalbum. Was auch sonst! Und weil die Kalifornier keine Freunde großer Täuschungen oder ewiger Irrungen und Wirrungen sind, nennen sie ihr mittlerweile 16. Album auch schlicht "Goths". Warum auch nicht – da weiß man, was man hat.
Während Darnielle als Jugendlicher durchaus Gefallen an der düsteren Subkultur fand, räumt sein Kollege Peter Hughes im Vorfeld zur Veröffentlichung ein, dass das gothische Thema vor allem sein eigenes wäre und ihm "Goths" damit näher stünde als alle bisherigen Alben seiner Band. Möglicherweise hat das auch etwas damit zu tun, dass Hughes' Bass die einzige Gitarre ist, die man in den zwölf neuen Songs hören kann. Irgendwie komisch – 2015 klang schon das Wrestling-Ding reichlich merkwürdig bis albern, zwei Jahre später schießen The Mountain Goats den Vogel ab. Oder doch nicht?
Denn wenngleich der düstere Opener "Rain in Soho" etwas anderes zu versprechen versucht, steckt nach wie vor die selbe Band dahinter. Da kann sich Darnielle noch so wütend durch die fünf Minuten Spielzeit schimpfen, während im Hintergrund ein Chor gespenstische Mitternachtsmesse-Stimmung verbreitet und Jon Wursters Schlagzeugspiel Donnergrollen imitiert. Schon das darauffolgende "Andrew Eldritch is moving back to Leeds" ist eine herzliche Indie-Pop-Nummer, die nicht nur beim besungenen Frontmann von The Sisters Of Mercy Anklang finden dürfte. "Stench of the unburied" und "Paid in cocaine" mögen derweil zwar aufmerksamkeitsheischende Titel haben, bleiben im Kern aber liebevoll instrumentierte, wohlig-warme The-Mountain-Goats-Stücke, für die man die Band bereits seit 1991 zu schätzen weiß.
Das kann vielleicht stellenweise etwas überraschungsarm daherkommen, wirklich etwas falsch machen Darnielle und Co. aber natürlich auch auf "Goths" nichts. Sogar das leicht experimentell angelegte "We do it different on the West Coast" mitsamt seines stakkatoartigen Rhythmus' reiht sich schnell ein, die große Geste von "Wear black" regt zum Mitsingen an, die verhuschte Lounge-Stimmung von "For the Portuguese goth metal bands" hätte seine Bläser hingegen gern etwas opulenter einbauen dürfen. Die tauchen hier und da immer wieder auf, mitunter am besten aber im entspannten Finaltrack "Abandoned flesh": "What you see is what you get / What you get is what you see", singt Darnielle da schließlich, und fast ist es, als würde er von sich selbst und seinen Kollegen sprechen. Ist ja auch nicht schlimm. Im Gegenteil: Schön, wenn man sich in hektischen, verwirrenden Zeiten wie diesen auf eine Band so dermaßen verlassen kann. (Quelle: Plattentests)
Tracklist:
- Rain in Soho
- Andrew Eldritch is moving back to Leeds
- The grey king and the silver flame attunement
- We do it different on the West Coast
- Unicorn tolerance
- Stench of the unburied
- Wear black
- Paid in cocaine
- Rage of Travers
- Shelved
- For the Portuguese goth metal bands
- Abandoned flesh
Clip:
Rain in Soho
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