Crystal Fighters - Everything is my family



Tragische Ereignisse führen nicht selten zu großer Kunst. Ein Beziehungsende, eine schwere Krankheit oder gar ein Todesfall müssen verarbeitet werden – und schlagen sich oft in tiefsinniger, emotionaler Musik nieder. Was aber, wenn die betroffene Band nun vielmehr für die große Sause bekannt ist? Die Wahl-Londoner von Crystal Fighters rufen ja seit jeher gerne die liebestolle Party aus, anstatt sich mit komplexen externen oder internen Problemen zu beschäftigen. Dennoch musste die Truppe 2014 den Tod von Drummer Andrea Marongiu verkraften, die insgesamt dritte Platte "Everything is my family" ist nun die erste seit diesem Verlust. Doch Crystal Fighters machen weiterhin gute Miene und verzichten darauf, das böse Spiel in irgendeiner Form auf dem Album Platz haben zu lassen. "Everything is my family" bringt vor allem zu Anfang eine "Jetzt erst recht"-Attitüde auf den Tisch.
So schnell wie "Yellow sun" nach dem Intro aus dem Gatter galoppiert, kann man kaum hinterher gucken. Es ist nicht der einzige Track, der ganz klar versucht, den Spirit vergangener Hits wie "You & I" einzufangen und gleichzeitig mit Stimmeffekten, Gewirbel und hämmernder Percussion noch mehr draufzusetzen. Ein klein wenig verhebt sich da die erste Hälfte in dem ersichtlichen Anspruch – vor allem "Live for you" hat eindeutig eine Überdosis Studiotrickserei abbekommen. Wenigstens das schmissige "In your arms" ist aber mehr als nur auf Augenhöhe mit den Vorgängern. Und ab dem groß angelegten "The moondog" trauen sich Crystal Fighters endlich aus der Komfortzone des Stammsounds, fahren gospelartige Chöre und bombastische Theatralik auf und schlagen allerlei Haken. Es bleibt nicht der letzte atmosphärische Gewinn des Albums.
Vorm Ende warten da noch das zwischen treibendem Rhythmus und pathetischem Schwung pendelnde "Fly east" und das hübsch eingängige "Living the dream". Und wenn "Lay low" noch zu optimistischem Klang feststellt: "It's time to let it go / [...] / Our love will surely grow" – dann ist endgültig klar, dass das Sextett weder seinen Charme noch seine grundpositive Einstellung verloren hat. Dass ein paar Songs diesmal arg nach bekanntem Schema ablaufen, ist vielleicht dem Bedarf nach etwas Sicherheit geschuldet, richtig zum Vorwurf machen kann man das im Gesamteindruck jedoch kaum. Das kann "Everything is my family" dafür locker mit ein paar frisch klingenden Experimenten kompensieren. Die Party geht unbeschwert weiter – zum Glück.(Quelle: Plattentests)


Tracklist:
  1. Simplecito
  2. Yellow sun
  3. Good girls
  4. In your arms
  5. Live for you
  6. Ways I can't tell
  7. All night
  8. The moondog
  9. Fly east
  10. Living the dream
  11. Lay low
Clip:
Ways I Can't Tell

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