Leonard Cohen - You Want It Darker
Leonard Cohen war in gewisser Hinsicht schon immer dieser Düsternis-Chansonnier, in den sich der alternde Blixa Bargeld vom spindeldürren Ghost-Punker verwandelte und als der er aktuell durchaus mit gewisser Würde die grauenhafte Form der Best-Of-Konzerte absolviert. Cohen braucht so eine Wandlung nie. Nun verspricht er seinem tatsächlich erst 14. Studioalbum schon im Titel: You Want It Darker – es geht also noch mehr. Warum auch nicht? Cohens Stimme ist ihm im Alter sowieso noch ein paar Stufen nach unten gerutscht und seine altbekannte Lo-Fi-Heiligkeit nähert sich mittlerweile immer mehr seinem Erscheinungsbild an.
You Want It Darker beginnt mit dem titelgebenden Track, ein modern-schwelender Beat, sakrale Orgeln, schwellende Background-Gesänge und ein Cohen, der mehr erzählt als singt. Das verfängt sich dann auf den Satz „I’m ready my lord“ – und zu welchem Herren hier auch immer gesprochen wird, die Pathos-Bombe sitzt. Der Opener ist dennoch der modernste Song des Albums, das folgende „Treaty“ ein versonnen-vergangenes Geister-Stück mit reduzierten und leicht ins Pentatonisch-Bluesige kippenden Klavierlinien, Orgeln und Streichern. Das führt geradewegs in die Americana-Ecke: Etwa „On The Level“, ein Duett im wiegenden Sechsachteltakt, in dem Cohen verlauten lässt, er habe sowohl dem Teufel als auch den Engeln den Rücken gekehrt, das wie eine skelettierte und geschwärzte Version der Eheleute June Carter und Johnny Cash klingt.
Schließlich wendet sich Cohen Osteuropa zu. Das ist insoweit passend, da dieser Teil Europas auf dem amerikanischen Kontinent sowieso als dunkel-verschattet mystifiziert wird – und noch weniger von der ewigen Balkanparty versaut ist, die in Europa seit einigen Jahren gefeiert wird. Also klagen die Geigen und vibrieren die Balalaikas in Songs wie „Traveling Light“, gefolgt von „It Seemed The Better Way“ – einem reduzierten Abgesang auf die Konstanz einer allgemeingültigen Wahrheit. Und spätestens da hebt man dann doch das darin besungene „glass of blood“ und versinkt im Kopfkino des bisweilen etwas kitschigen Malstroms wohlig-selbstgerechter Düsternis. Bei der ungarischen Legendengräfin Bathory gilt der Bluttrank immerhin als Garant ewiger Jugend – keine Angst also.(Quelle: Spex)
Tracklist:
01. Leonard Cohen – You Want It Darker (feat. Cantor Gideon Y. Zelermyer) (4:44)
02. Leonard Cohen – Treaty (4:02)
03. Leonard Cohen – On the Level (3:28)
04. Leonard Cohen – Leaving the Table (3:48)
05. Leonard Cohen – If I Didn’t Have Your Love (3:36)
06. Leonard Cohen – Traveling Light (4:23)
07. Leonard Cohen – It Seemed the Better Way (feat. Cantor Gideon Y. Zelermyer) (4:22)
08. Leonard Cohen – Steer Your Way (4:24)
09. Leonard Cohen – String Reprise / Treaty (3:27)
Clip:
You want it darker
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