Josh Rouse - El Turista
Josh Rouse (* 1972 in Nebraska) ist ein Singer-Songwriter. Als Jugendlicher hörte er nach eigenen Angaben Musikbands wie The Cure oder The Smiths. Rouse erlernte daraufhin das Gitarrespielen und schrieb mit etwa 18 Jahren seinen ersten Song. Seine Repertoire lässt sich am besten in das Genre des Singer/Songwriter-Pop einordnen.
Weiße Jungs bringen's nicht? Stimmt natürlich keineswegs, wir haben es eigentlich voll drauf. Egal, wie milchig-käsig unsere Extremitäten in der blassen Sonne Nordeuropas leuchten. Nur in Sachen Rhythmusgefühl, tänzerischer Expression und gelebter Leidenschaft muss man diesem ungeliebten Klischeebild doch ein wenig Zuspruch gewähren und konstatieren, dass die Evolution uns irgendwie einen körpereigenen Stock zwischen die Po-Backen geschoben hat. Josh Rouse, ein nicht minder weißer Junge, geboren und aufgewachsen in Nebraska, wagt nun schon seit einigen Jahren das Experiment, sich dieser zentimeterlangen Last mittels künstlerischer Tätigkeit in südlichen Gefilden zu entledigen.
Seit fünf Jahren lebt Rouse bereits in Spanien, dem Heimatland seiner Ehefrau, der er bereitwillig gefolgt ist. Schon auf dem Vorgänger-Album "Country mouse city house" waren sie zu hören, die spanischen Einflüsse und die mediterrane Leichtigkeit. Aber aus dezenten Stichproben sind nun unüberhörbare Referenzen geworden. So entwickelt sich "Valencia", eine hübsche Hommage an seinen derzeitigen Wohnort, vom zaghaften João-Gilberto-Gedächtnis-Gitarrenpicking zu einem intelligenten Samba mit fesselndem Pianospiel, der zu keiner Zeit die Nähe zum mal quirligen, mal sanftmütigen Jazz aufgibt. Erfreulich dabei ist, dass Rouse, trotz rein spanischer Lyrics, nicht etwa den perfekt geschulten Spanier mimt, sondern mehr als Autodidakt erscheint, der hier und da etwas aufschnappt und mit diesem neu gefundenen Duktus sein bisheriges Songschaffen durchflutet. Nicht umsonst heißt das Album "El turista".
Rouse verbeugt sich also mehr, als dass er an sich reißt. Was zur Folge hat, dass "El turista" doch nicht ganz die Befreiung von nordischen popmusikalischen - wie auch körperlichen - Strukturen ist. Und das ist auch gut so! Denn Rouse gelingt es mit Bravour, seine Vergangenheit als 60s/70s-beeinflusster Songwriter und die Gegenwart als losgelöster Südländer miteinander zu verästeln. "Sweet Elaine" klingt zu Beginn, als bade er wieder komplett in melancholiegefärbter Americana, bevor der minimale, fast zärtliche Tanzrhythmus den Hintergrund belebt. Orchestrale Arrangements, die albumübergreifend brillieren, tragen eine dritte unerwartete Komponente in dieses Stück, das trotz glasklarer Eingängigkeit einem klugen Experiment gleichkommt.
Das mit charmanten, augenzwinkernden Siebziger-Gitarrenrock-Referenzen ausgelegte und in seiner Schnelligkeit gänzlich tanzbare "I will live on islands“ verfährt ähnlich und baut nach gleichbleibendem Melodienreigen eine wahrlich windschiefe elektrische Gitarre ein, die manch lieblicher Schönfärberei Ecken und Kanten abgewinnt. Prunkstück dieses Kleinods zwischen Samba, Jazz, afro-kubanischem Groove, Soul, Folk und Folklore ist aber das hymnische "Las voces". Ein Stück, das wie kein zweites in den Traditionen Rouses neuer Heimat badet. Für kurze Zeit ist man gar dazu verführt, ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. (Quelle:Plattentests)
Tracklist:
"Bienvenido"
"Duerme" (Bola De Nieve, Rouse)
"Lemon Tree"
"Sweet Elaine"
"Mesie Julian" (Bola De Nieve, Rouse)
"I Will Live On Islands"
"Valencia"
"Cotton Eye Joe" (Rouse, Traditional)
"Las Voces"
"Don't Act Tough"
Clip:
Valencia
Kommentare
Kommentar veröffentlichen