Karl Bartos - Off the record

 


Die Düsseldorfer Band Kraftwerk ist auch für ihre Geheimniskrämerei berühmt. Seit Jahrzehnten pflegen die Titanen der vollelektronischen Popmusik ihren Status als unnahbare Phantome, genauer gesagt Roboter.
Wer sich ein wenig mehr interessiert, weiß vielleicht, dass Ralf Hütter dort den Ton angibt, seit sich sein Co-Regisseur Florian Schneider in den Vorruhestand verabschiedete. Die Namen der anderen Kraftwerk-Musiker sind dagegen kaum bekannt - was eben auch die Strategie ist. "Ich mochte nicht mehr der Zweite von links sein", sagt Karl Bartos in Anspielung auf die Viererreihe, mit der sich Kraftwerk gerne bei Auftritten präsentieren. Er möchte lieber als Karl Bartos wahrgenommen werden, fügt der 61-jährige Musiker dezent hinzu, der von 1975 bis 1990 ein Kraftwerk-Roboter war. Trotzdem hat der in Hamburg lebende Künstler mit dem Solo-Album "Off The Record" nun eine Platte veröffentlicht, die eigentlich vom ersten Ton an an Kraftwerk erinnert. Kein Wunder, denn seine Sammlung kunstvoll verschnörkelter elektronischer Melodien basiert auf Ideen und Skizzen, die überwiegend während seiner Zeit bei den reservierten Düsseldorfern entstanden waren.
 So kann man dieses Album auch als Schlüsselloch-Blick in die abgeriegelte Welt von Kraftwerk verstehen. Eine wohl nicht unbeabsichtigte Deutung, die das Plattencover unterstreicht, auf dem Karl Bartos' Roboterpuppe aus Kraftwerk-Tagen abgebildet ist. Spannend sind diese Songs auch, weil Bartos eben nie nur der "Zweite von links" war, also ein austauschbarer Zuarbeiter, sondern an vielen der großen und berühmten Kraftwerk-Songs als Co-Autor mitgeschrieben hat.
Der in Berchtesgaden geborene Bartos studierte Musik und kam auf Empfehlung seines Professors zu Kraftwerk, als die einen Schlagzeuger für Liveauftritte suchten. Bei Wikipedia wird Bartos als Co-Autor von Kraftwerk-Klassikern wie "Das Modell", "Spacelab", "Taschenrechner", "Computerliebe", "Computerwelt", "Musique Non-Stop", "Boing Boom Tschak" und zuletzt "Tour de France" geführt. Er verließ die Band, weil sich die Chefs immer mehr Zeit mit ihren Veröffentlichungen ließen. Neben seinen eigenen Solo-Werken musizierte Karl Bartos seitdem mit illustren Kollegen wie Bernard Sumner, Johnny Marr und OMD.
Kraftwerk dagegen scheinen zufrieden zu sein mit dem Verwalten und Zelebrieren der ruhmreichen Vergangenheit. Mit seinen ehemaligen Arbeitgebern hat Bartos seit seinem Abgang nur noch geschäftlich zu tun, in allen Fragen, die die gemeinsam produzierte Musik betreffen. Vielleicht dient ihm das neue Album "Off The Record" auch als finaler Schlussstrich unter diesen Teil seiner Karriere. Ansonsten dürfte die Platte auch alle erfreuen, die seit langer Zeit auf neue Klänge von Kraftwerk lauern. Sie beweist aber auch, dass Karl Bartos nicht nur der Zweite von links war.(Quelle: Spiegel.Online)

Tracklist:
01. Atomium
02. Nachtfahrt
03. International Velvet
04. Without A Trace Of Emotion
05. The Binary Code
06. Musica Ex Machina
07. The Tuning Of The World
08. Instant Bayreuth
09. Vox Humana
10. Rhythmus
11. Silence
12. Hausmusik
 
Clip:

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