The Lumineers - Cleopatra




Platz 3 in den USA, Platz 8 im UK, Platz 5 in Deutschland. Die Rede ist von "Ho hey", der allerersten Single des Folk-Rock-Dreiers mit dem klangvollen Namen The Lumineers. "I belong with you, you belong with me / You're my sweeeet heaa-art", zweistimmiger Gesang, Tamburin, Handclaps, Friede, Freude, Eierkuchen. Dass hier nun – in der Einleitung zur Rezension des zweiten Albums – Bezug auf diesen Hit genommen wird, ist gleichermaßen billig wie notwendig. Denn der Titel trägt die Stärken und Schwächen des Trios gleichermaßen in sich: Er ist beliebt und beliebig zugleich.
Mit "Cleopatra" haben die beiden Buben und das Mädel aus Denver, Colorado ihr Zweitwerk am Start. Dieses präsentiert sich mit einer Dauer von gerade mal etwas mehr als einer halben Stunde stark verdichtet. Ein zweites "Ho hey" sucht man auf der Platte trotzdem vergeblich. Das aber liegt weniger am Unvermögen der Truppe einen zweiten Hit zu schreiben, sondern vielmehr an einer anderen Herangehensweise beim Songwriting. Jetzt mag mancher sagen, ohne Hit seien The Lumineers nur eine von vielen Folk-Rock-Gruppen, die inspiriert vom Erfolg von Mumford & Sons und Co. schlicht auf den passenden Zug aufsprangen. Ganz so einfach und langweilig ist es dann doch nicht. Beispielsweise mit "Ophelia" erweitert die Gruppe ihr eigentliches Handwerkszeug ganz ordentlich: Handclaps und Tamburin werden beibehalten, ein dramatisches Piano addiert, ein Wechsel vom Dur ins Moll und zurück vollzogen. So entsteht aus der stillstehenden Alles-gut-Mentalität ein dramaturgisches Ereignis voller Inbrunst. Musikalische Diversität verzückt den Kritiker noch viel mehr als jeder Ohrwurm.
Dass der folgende "Gun song" fast zwei Minuten lang per "la la la" ausleitet, macht zuvor Aufgebautes wieder nichtig, so stark wird der Track dadurch simplifiziert, wo das Thema doch ein ernstes ist: Waffenbesitz. Positiver hingegen fällt "Sick in the head" auf, welches passend zum Titel verstörend auf der Akustischen zupfen lässt und aus der Ferne eine Violine einspielt, während Wesley Schultz mehr säuselt als singt. Es ist der einzige Song auf "Cleopatra", der den Höhepunkt bewusst auslässt und angenehm in sich ruht. Das abschließende "Patience" macht es ähnlich und prüft die Geduld des Hörers bis zum Ende, denn diesmal bei Schultz gleich ganz stumm und setzt damit ein Ausrufezeichen.
Immer wieder auf "Cleopatra" lassen The Lumineers ungeheures Potenzial durchblitzen, andererseits zeigt sich ihre Zerrissenheit hinsichtlich dessen, was sie eigentlich aussagen wollen: Mehr Thema und dafür weniger Hit, oder doch lieber riskieren hinsichtlich der Aussagen als belanglos wahrgenommen zu werden. Leider trägt das Gros der Songs auf dem zweiten Album wenig großflächigen Erhellung bei, störend präsentieren sie sich aber auch keineswegs. Nichts für ungut: Nur die ganz Großen schaffen es, Message und Musik in Einklang zu bringen. In dieser Liga sind The Lumineers noch nicht angekommen. Zum Aufstieg wird "Cleopatra" nicht reichen, vielleicht aber ist ein Relegationsplatz drin.(Quelle: Plattentests)


Tracklist:
1. Sleep on the Floor (3:31)
2. Ophelia (2:40)
3. Cleopatra (3:21)
4. Gun Song (3:36)
5. Angela (3:21)
6. In the Light (3:51)
7. Gale Song (3:13)
8. Long Way from Home (2:32)
9. Sick in the Head (2:31)
10. My Eyes (3:36)
11. Patience (1:35)


Clip:
Ophelia

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