Corinne Bailey Rae - The Heart Speaks in Whispers




Was macht man, wenn man die persönliche Apokalypse hinter sich hat? Auf ihrem 2010er-Album „The Sea“ hatte Corinne Bailey Rae den Tod ihres Partners zwar musikalisch verarbeitet, doch konnte das nur Teil eines Heilungsprozesses sein, an dessen Ende die Engländerin ein neues Kapitel aufschlägt. „The Heart Speaks In Whispers“ reflektiert die Erfahrung, wieder einen Platz in der Welt zu finden, auch im Sound: Im Heimstudio nahm sich die britische Multiinstrumentalistin Zeit, um neue Klangquellen und -möglichkeiten für sich zu entdecken, aber auch um neue R’n’B-Synergien einzugehen.
„Kiss me, your lips taste of honey/ Songbirds and bees start hummin'“, schwärmt sie im warm-verzückten Stimmensee „Green Aphrodisiac“. Als Begleitstimme ist dort auch Esperanza Spalding zu hören, noch wichtiger war sie aber für die Albumentstehung, weil sie für Rae den Kontakt zu KING herstellte. Mit den Geschwistern Strother entwarf Rae gut die Hälfte der Songs, die so bildlich evokativ einwirken wie ihre Titel: Drückt der Space-Soul von „Caramel“ das wiedererstärkte Freiheitsgefühl sensorisch aus („It tastes like caramel/ After all this bitterness/ Delicious as caramel/ And it’s like seeing the sun again/ After years of only pouring rain on my soul“), wird Rae in „Been To The Moon“ („Don’t you recognize a fellow astronaut?“) oder „Taken By Dreams“ („We travel into the night/ We cross galaxies/ We run we leap and we fly“) zur Reisenden durch eine neue Liebeserfahrung, aber auch durch die Klangwelten, die sich um ihre Stimme herum manifestieren.
Das wirkt vor allem deswegen, weil sie keine Überpräsenz ist, sondern derart geerdet, dass seltsam verzogene Akkorde und Synth-Züge oder der Umschwung in eine fragmentierte Beat-Choral-Dynamik in „Tell Me“ harmonisch rund erscheinen. Auch „Been To The Moon“ sucht über melodischem Klickern und aufglühenden Tasten den Funk, perkussiv noch lebhafter treibt sie „Horse Print Dress“ sogar in einen ekstatischen Ausruf. In solchen Momenten oder auch in „The Skies Will Break“ könnte das Album leicht in klobig geradlinigen Pop verrutschen, zieht sich davon aber zugunsten von Raffinesse und einem besonders feinen Outro zurück. Einzig „Stop Where You Are“ trägt daneben deutlich zu dick auf, „Walk On“ greift hingegen gar nicht, weil Rae es ohne Antrieb dort mit zu dichten Klangeffekten über- und dem Songwriting untertreibt. Ohnehin kann ihre Stimme schon viel vermitteln, ohne sich druckvoll zu erheben, ihr liegt der Balanceakt des Seiltanzes besser als die Saltos schlagende Luftakrobatik.
Wie das Flüsterherz im Titel schon nahelegt, ist dies kein Album, das krampfhaft auf sich aufmerksam machen will, aber dem in Ruhe gelauscht werden muss, um es zu hören. „You paint me as an angel/ but I’m just a woman in love“, singt sie auf „Do You Ever Think Of Me“ in melodischer Hommage an Curtis Mayfields “The Makings Of You“, bringt damit den sonischen Traum- wieder dem Wachzustand nahe – und erinnert daran, wie ihre Songs in beiden eine Wahrheit ausdrücken können. (Quelle: auftouren.de)


Tracklist:

1. The Skies Will Break (4:53)
2. Hey, I Won't Break Your Heart (4:48)
3. Been to the Moon (4:04)
4. Tell Me (4:08)
5. Stop Where You Are (4:10)
6. Green Aphrodisiac (5:51)
7. Horse Print Dress (4:03)
8. Do You Ever Think of Me? (5:26)
9. Caramel (5:15)
10. Taken by Dreams (3:55)
11. Walk On (4:26)
12. Night (4:32)
13. In the Dark (4:49)
14. Ice Cream Colours (3:15)
15. High (5:46)
16. Push on for the Dawn (6:11)


Clip:
/corinne-bailey-rae-been-to-the-moon/

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