Elbow - Little Fictions


Mit "The Take Off And Landing Of Everything" erreichte die Britpop-Institution Elbow 2014 zum ersten Mal die Pole Position der britischen Charts. Dennoch kam es zwischen Richard Jupp und den restlichen vier Mitgliedern zu Differenzen. Folglich verließ der Drummer die Band vor einem Jahr. Doch Elbow wären nicht Elbow, wenn sie nicht aus der Not eine Tugend machten. "Little Fictions" überzeugt entsprechend mit kleinen, detaillierten Veränderungen im Sound.
Vor allem der ersten Single "Magnificent (She Says)" kommen die lebhaften, sprunghaften Verschlierungen und Feinheiten an den Drums zugute. Die Streicherarrangements des Hallé Orchestra aus Manchester und der sich aufbäumende Refrain lassen diese Nummer außerdem wie geschaffen für einen "James Bond"-Soundtrack erscheinen. Ein fulminanter Start, wie man ihn von den Briten nicht anders kennt.
Jupps Posten nahm im Studio Sessiondrummer Alex Reeves ein. Zusätzlich experimentierte die Band bei den Aufnahmen mit Elektronik und Drumloops. Diese Herangehensweise dominierte auch schon Guy Garveys letzte Soloplatte "Courting The Squall" von 2015. "Little Fictions" klingt größtenteils organischer und souliger als gewohnt, verliert die Hymnenhaftigkeit Elbows jedoch nicht aus den Augen.
"Gentle Storm" versprüht sogar einem repetitiven Ethno-Vibe. Das dezente Electronicapiano und der warme Gesang von Guy Garvey nehmen dem Song aber kaum Bodenhaftung. Die anschließenden Tracks verlangen dagegen etwas Geduld, um sie ins Herz zu schließen. Der Klang fällt nicht mehr ganz so üppig und voluminös wie auf früheren Alben aus. Besonders das melancholische Piano spielt eine für das Gesamtbild dominierendere Rolle als zuletzt.
"Trust The Sun" lässt an den späteren Output von Talk Talk denken. Ihre unverkennbare, melodieverliebte Signatur bewahren sich Elbow trotzdem auf dieser rhythmischen Nummer. Die zweite Single "All Disco" changiert zwischen schwelgerischem Britpop und klassischer Beatles-Ballade à la "Yesterday". Die Chorgesänge setzen auf Opulenz, während der eingängige Refrain die Schwelle zum Radio-Pop nur knapp unterschreitet. Glücklicherweise bildet dieser Track eine Ausnahme auf der ansonsten so durchdachten Platte.
"Firebrand & Angel" lässt sich drei Minuten Zeit, bis sich unter dem verspielten Gospel-Groove eine funkelnde Melodie herausschält. Selbstvertrauen besitzen Elbow auf diesem Album ohnehin. "K2" weist mit Loungesounds und Drum'n'Bass-artiger Polyrhythmik vom Sound her Parallelen zu Radioheads "In Rainbows" auf.
Im Gegensatz zu Thom Yorke strahlt Guy Garvey allerdings Gelassenheit und Zufriedenheit aus. Mit seinem wohligen Timbre hält er "Little Fictions" auf beruhigende Art und Weise zusammen. Da wundert es nicht, dass er auf BBC 6 eine eigene Radiosendung moderiert.
Der Titelsong mit dramatischer Pianoeinleitung und holprigen Drums steigert sich innerhalb von achteinhalb Minuten in Sphären, die man nur noch schwerlich als irdisch bezeichnen kann. Man will bei dieser Melodie, die am Schluss ihren überwältigenden Höhepunkt erreicht, für einen kurzen Augenblick die Welt umarmen.
"Kindling" spendet mit seinen herzerwärmenden Streichern als würdiger Rausschmeißer noch einmal Trost. Garvey singt auf dieser Nummer so versöhnlich, als legte er einem die Hand auf die Schulter und möchte sagen, dass alles wieder gut wird.
Den schwierigen Zeiten entgegnen Elbow also mit sehr viel Schönheit und Optimismus. Die Engländer nehmen den Hörer souverän auf eine vielschichtige, emotionale Reise mit und entwickeln sich musikalisch weiter. Ihr bisheriger Erfolg dürfte damit kaum abreißen, selbst wenn das Bild der eingeschworenen Pub-Treppe aus Manchester nach dem Ausstieg Richard Jupps für so manchen Fan ein paar Risse bekommen hat. Mit "Little Fictions" bewegt sich die Band noch immer auf konstant hohem Niveau.(Quelle: Laut.de)

Tracklist:
01. Magnificent (She Says)
02. Gentle Storm
03. Trust The Sun
04. All Disco
05. Head For Supplies
06. Firebrand & Angel
07. K2
08. Montparnasse
09. Little Fictions
10. Kindling

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