Temples - Volcano
Alles anders bei Temples? Eigentlich nicht. Fast genau drei Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debüts "Sun structures", das nicht nur bei der Kritik und dem Publikum gut ankam, sondern auch bei diversen Kollegen im Musikgeschäft, legt der britische Vierer mit seinem neuen Album "Volcano" nach. Dessen Geschichte liest sich erstmal wie beim Vorgänger: aufgenommen im Heimstudio in Kettering, in Eigenregie produziert von Leadsänger James Bagshaw, irgendwo zwischen Psychedelic-Rock und -Pop angesiedelt. Hat beim ersten Mal ja auch gut geklappt. Und doch, so ein bisschen anders ist "Volcano" dann doch.
Beeindruckend ist auf jeden Fall, wie sehr sich Temples als Band weiterentwickelt haben. Aus den Jungs von 2014 sind erwachsene Männer geworden, denen man ihre nicht nur plump zur Schau gestellte, sondern ernsthaft neugewonnene Selbstsicherheit anhört und abnimmt. Auf seinem zweiten Album traut sich das Quartett nicht nur mehr zu, sondern tobt sich auch gleich ordentlich aus. "Volcano" ist poppiger als "Sun structures", üppiger, großzügiger – Temples haben offenbar, das deutet nicht nur das Artwork an, den Schlüssel zu ihrem eigenen Glück gefunden. Der Opener "Certainty" fackelt dementsprechend gar nicht lange rum, sondern groovt sich sofort in die Vollen und erinnert dabei sicher nicht rein zufällig an die mittlerweile ebenfalls mehr zum Pop neigenden Herren von Tame Impala.
Größtenteils bleibt es ausgelassen: "(I want to be your) Mirror" weckt, von der Synthie-Sonne geküsst, Erinnerungen an einen nie wirklich erlebten Ausflug an den Strand, die sich wie ein aufgehübschter Film vor dem inneren Auge abspielen. Derweil tänzelt "In my pocket" gekonnt zwischen den Beatles zu "Sgt. Pepper's lonely hearts club band"-Zeiten und der diesjährigen Foxygen-Inkarnation, die auf "Hang" ihre Liebe zur gigantischen Geste entdeckt haben. Noch showlastiger gibt sich wohl nur "Celebration", das sich mit ebenso wahnsinniger wie ausgeklügelter Instrumentierung in schwindelerregende Höhen spielt. Hatte man beim Debüt stellenweise das Gefühl, die Band wolle um jeden Preis ihre Coolness waren, erfrischt auf "Volcano" gerade dieser nimmermüde Freiheitsdrang.
Mit am spannendsten sind aber die Nummern, die links und rechts ein wenig aus dem Schema ausbrechen, ohne unpassend zu werden. Das energetische "Open air" überzeugt nicht nur dank des astreinen Zusammenspiels aller Band-Bestandteile, sondern vor allem auch durch seine Furchtlosigkeit: Ohne Rücksicht auf Verluste stürmen Temples hier nach vorne und reißen im Gleichschritt alles nieder, was nicht mitzieht. Einen Gang runter schaltet "Oh the saviour", das sich ein weiteres Mal mit Sechzigerjahre-Pop-Harmonien genau den Raum verschafft, den es für nötig erachtet. "Strange or be forgotten" liefert schließlich noch ein glasklares und geradezu euphorisches Finale, das nicht nur Liebende miteinander versöhnen dürfte, sondern auch jene, die ein zweites "Sun structures" erwartet hatten und sich noch etwas verloren fühlen. Keine Sorge – der Schlüssel zum Glück passt noch. Nur das Innenleben hat sich ein wenig verändert. (Quelle: Plattentests)
Tracklist:
01. Certainty (04:24)
02. All Join In (04:08)
03. (I Want to Be Your) Mirror (04:46)
04. Oh the Saviour (03:45)
05. Born into the Sunset (04:46)
06. How Would You Like to Go? (03:35)
07. Open Air (04:46)
08. In My Pocket (03:03)
09. Celebration (04:19)
10. Mystery of Pop (03:24)
11. Roman Godlike Man (03:50)
12. Strange or Be Forgotten (04:08)
Clip:
Certainty
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