Deus - Keep you close

Man stelle sich einfach mal vor, dass Belgiens beste Band 2012 schon zwanzig wird. Klingt komisch, ist aber so. Es wird in der nächsten Zeit noch weitere Anzeichen dafür geben, dass auch die Generation X nicht vorm Älterwerden gefeit ist. Das gilt natürlich auch für dEUS. Doch im Gegensatz zu all den Bands, die sich seit der aufregenden Zeit zu Beginn der Neunziger mehr oder weniger endgültig auflösten, war Tom Barman mit seiner Band immer irgendwie da. Zwar konnten seine Alben zuletzt nicht mehr mit den intensiven Meisterwerken "Worst case scenario", "In a bar under the sea" oder "The ideal crash" mithalten. Doch sowohl "Pocket revolution" als auch "Vantage point" schüttelten ihren Indie-Pop einfach so aus dem Ärmel.

Wenn "Keep you close" gleich mit seinem Titelstück beginnt, gelingt dem Arrangement gleich Großes: Wenn sich die anschwellenden Streicher an den synkopierten Beat schmiegen, erschaffen sie die dramatisch resignierte Atmosphäre, in der Barman hin- und hergerissen von Nähe und Distanz singt: "You are the only dream I dreamed." Melancholie satt direkt zum Einstieg. Natürlich lässt es Barman nicht dabei bewenden, einfach nur seine Reife unter Beweis zu stellen. Statt in eleganter Midlife-Crisis-Niedergeschlagenheit zu baden, lässt er sich von unruhigen Grooves Beine machen. In "The final blast" kreiseln die Gitarren noch etwas nervös auf der Stelle, doch schon in "Dark sets in" zerren sie gewaltig am Nervenkostüm. Es sind längst nicht nur die Leidenschaften von Zwei-Lieder-Gast Greg Dulli (The Twilight Singers, The Afghan Whigs), die den Song mit in den dunklen Fluss reißen. Auch durch "Twice" schleppt sich ein diffuses Gefühl von Schuld. "Twice I set my mind on you / And twice I gave you nothing."
Zum Wechselbad der Gefühle gesellen sich auf "Keep you close" außerdem noch Zorn, Unbehagen und Verzweiflung. Doch während dEUS einst durch kunterbunt zusammengewürfelte Stilrichtungen ihre Verschrobenheit auslebten, halten sie ihre Songs jetzt fast schon streng zusammen. Mit dem Ende von Barmans Quasi-Alleinherrschaft über die Kompositionen ist auch die Zeit der wilden Hühnerhaufen vorbei. Gerade durch die neue Geschlossenheit gewinnen aber Stücke wie das prächtige "Ghosts" oder das schwelende "Constant now" sogar noch an Größe. In "Ghost" perlen melancholische Steeldrums in fröhliches Moll, und in der Vorabsingle brodeln hallende Gitarren und saftige Bläser um die Wette. Famos.
Jeder Ton sitzt, jedes Gefühl wird wunderbar unterstrichen. dEUS nehmen sich die Zeit, die Stimmungen zu zelebrieren. Dabei verästeln sie die Melodien und Riffs auf zauberhafte Weise. Egal ob sie in "Second nature" ins Zwiegespräch mit sich selbst und dafür unter die vielschichtige Oberfläche aus Streichern, Gitarrensägen und Zwischenrufen gehen, oder ob sie in "The end of romance" beinahe entspannt zur Trennung aufspielen. Wenn sich subtile Verzierungen, aufbrausende Dynamik und präzise Grooves abwechseln können, ohne dass die Aufmerksamkeit auf den Song verloren geht, zeigt das die ungeminderte Könnerschaft der Belgier. Noch nie erlaubten sie es ihren Songs, den Hörern so rasch ins Ohr zu gehen, ohne sie zu unterfordern. Den Antwerpenern gelingt mit "Keep you close" ihr bestes Album seit "The ideal crash". Sie sind nicht nur immer noch da, sondern so gut wie lange nicht.(Quelle: Plattentest.de)

Tracklist:
1. Keep You Close

2. The Final Blast
3. Dark Sets In
4. Twise
5. Ghosts
6. Constant Now
7. The End Of Romance
8. Second Nature
9. Easy


Clip:
Constant Now

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