Hurts - Exile


Hurts konnten ihr neues Album nicht in London aufnehmen, oder in Paris, oder in Berlin. Wo das Nachtleben einen guten Ruf genießt, ist das Duo nicht weit. Die Ablenkungsmaschinerie wäre zu reizvoll gewesen und "Exile" wohl noch immer nicht im Kasten. Also Zwangsexil vom Partymarathon, zurück nach Manchester. Mit neuem Material dürfen sie nun wieder raus aus der angemieteten 3-Zimmer-Wohnung. Zurück nach Deutschland, dem Genießerland des synthetischen Pops, das jede Tour zum Debüt "Happiness" ausverkaufte und dankbar zur Kenntnis nahm, dass Adam Anderson während eines Konzerts nicht auf deutschen Bühnen einschlief und auf die Tasten seines Klaviers niedersank, sondern in der Ukraine.
Eine Entschuldigung des britischen Duos folgte prompt, präsentieren sich Hurts doch zweifelsohne bei Live-Auftritten als Gentlemen erster Güte. Ganz in schwarz gekleidet, mit exakt gezogenem Scheitel, versinkt Anderson sodenn am mit Rosen gebetteten Klavier. Theo Hutchcraft intoniert gestenarm und taucht mit spürbar freudvoller Seriosität ein in die Schwarzweiß-Romantik beneidenswerter Popmomente. "Happiness" war voll davon, und so verpasst "Miracle" dem Hörer zunächst einen kleinen Dämpfer.
Die Vorabsingle bedient sich ungeniert bei Coldplays "Princess of China". Das anfängliche Grämen schwindet allerdings. Nach mehreren Durchläufen reißt Hutchcrafts Endzeitstimmung mit: "No love no light, no end in sight." Hurts-Hörer lächeln trotzdem. Bei den wenigen Zeilen in "The rope" oder "Help", die Optimismus versprühen, noch eher aber in dem Bewussstein, dass das klingentraktierte Herz der Protagonisten in Hutchcrafts Songs ohnehin viel langsamer ausblutet: "Cut out my eyes and leave me blind", "I don't need this life, I just need somebody to die for" oder "I show no mercy till the light go out" sind nur einige der Tristesse-Passagen auf "Exile".
Der melancholische Glanz von "Happiness" bröckelt indes. Das bedingen kleinere und letztlich vernachlässigenswerte Experimente wie der "Umbrella"-Rhythmus im kontemporären R'n'B-Bad von "Sandman" und das chorale Mitsingbegehren in "Blind". Hurts testen die Grenze zur Überbordung noch weiter aus, etwa im schmachtenden "Somebody to die for". Und sie setzen vermehrt auf Chöre und kanonische Gesangsbeigaben. Die umranken die Bläsersektion samt Zeitgeist-Dubstep in "Mercy", das sich in punkto Expressivität als Fortsetzung zu "Better than love" anbietet, und die Rufe nach der großen Bühne in "Help".
Düsterer und schwerer hatte Hutchcraft "Exile" beschrieben - und nicht gelogen. Da sind die klaren Verweise zu Depeche Modes "Personal Jesus" in "Cupid" und die nicht weniger subtilen Analogien zu Dave Gahan & Co im Titelsong; "The road" hinterlässt Spuren zu Nine Inch Nails. Trent Reznors Band wäre im übrigen noch präsenter gewesen, so Hutchcraft, hätten Hurts die Arbeiten nach einem halben Jahr beendet und sich den Weg zu Produzent Jonas Quant nach Schweden gespart. Dort kam das Popverständnis zurück und damit neben Elegien auch leider ein paar Egalien. Aber wer den Kitsch veredelt, fährt auch noch mit Zucker im Tank.(Quelle: Plattentests.de)

Tracklist:

01 Exile
02 Miracle
03 Sandman
04 Blind
05 Only You
06 The Road
07 Cupid
08 Mercy
09 The Crow
10 Somebody To Die For
11 The Rope
12 Help
13 Heaven (Bonus Track)
14 Guilt (Bonus Track)


Clip:
Miracle

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