Destroyer - Kaputt


Neun Platten gibt es nun schon von Destroyer. Für mich ist “Kaputt” die Erste. Mir ist Dan Bejar bislang durch die Lappen gegangen. Er muss in einem anderen Universum unterwegs gewesen sein, obwohl uns Welten verbinden.
Der Songwriter ist schon ‘ne Marke. Er holt das Saxophon aus der George Michael-Sting-Ecke und setzt es gekonnt in seinem Funk-Kosmos ein. Seine Gitarren streicheln sich in der Prefab Sprout-Kuschelecke gegenseitig, doch sie sind zu müde, um zum Höhepunkt zu kommen. Die Musik schwebt wie ein Ufo über den Häusern. Wenige Lichtsignale werden gesendet. Nur Mystery-Fanatiker können daraus einen Code lesen.
Ein Flanger-Bass pumpt lüstern kleine Seufzer. Lethargie ersetzt die schwüle Clubatmosphäre. After Hour ohne Sekundenzeiger. Dan haucht Geschichten, die manchmal so viel Text haben, dass er die Kurve nicht immer kriegt. Er hängt alles hinten dran. Warum sich Takten oder Strophenlängen unterwerfen? Die Synthies klingen nach The Cure. Doch hier ist nichts mit Kajal geschwärzt. Sie schleimen eher. Nein, streich die letzten beiden Sätze. Bei Destroyer kann man sich schon mal verhören. Die Instrumente kämpfen nach den Regeln der Improvisation. Dan singt so, als hätte es nie einen Text gegeben und als würde es auch keinen geben. Instrumentals mit Poetry-Slam.
Wie ein Bryan Ferry torkelt Dan durch die Nacht. Wie ein begossener Pudel hockt er auf dem Bürgersteig. Passanten werfen ihm Münzen in die Wollmütze. Ein Dandy wie Bryan Ferry, hätte diese Mütze schon längst aufgegessen. Bejars Acid Jazz -T-Shirt ist schon ganz ausgewaschen. Wer nur noch Jazz lesen kann, braucht eine Brille. Daraus hätte sich Gil Evans ein Stirnband genäht.
Backgroundsängerinnen verstärken das Gefühl von großer Präsenz. Sexy, wie sie Dan unter die Arme greifen. Manchmal singen die Stimmen gegeneinander. Auch, wenn die Damen nur ein “Baby, Baby” in Soul-Manier tönen. Dan Bejar bleibt der Regenschirm-Träger, der sich durch die nasse Großstadt kämpft, Bahnen sausen lässt und einsam an Straßenkreuzungen die Ampelschaltungen beobachtet. Soft-Rock klingt in Szene-Bars auch nach Untermalung. Das weiß Dan. Kann man also mal versuchen. “Mach Dir nichts vor” scheint eine Parole zu sein.
Das 8 Minuten Stück “Suicide Demo For Kara Walker” lässt eine Querflöte mit schwelenden Gitarren aufspielen. Elektronische Ideen fallen auf sanfte Klavierakkorde. Eine laue Brise pfeift um die Ecke. Dan zieht die Mütze tiefer ins Gesicht. Und er erzählt weiter seine Geschichten, die nie ein Ende zu haben scheinen. Sätze werden zu Büchern. Bücher zu Wegbegleitern und Sammlerstücken. Die Bucht der Schweine ist das Reiseziel. Dort will sich Dan suhlen. Und auf einmal groovt alles. Auch ein Elfminüter lässt Dan nicht entmutigen. Text genug hat er. Den Rest macht die Band. Und wieder groovt es wie Sau. Wie aus dem Nichts verbinden sich Stimme, Saxophon, leicht angewichster Beat, Backgroundvoices und Querflöte zu einem großen Ganzen.
Das Raumschiff setzt nun zur Landung an. Irgendwie gehörte es die ganze Zeit dazu. Vielen ist es gar nicht aufgefallen oder man hatte es vergessen. Dan holt den digitalen Rekorder raus. Das muss er aufzeichnen. Lange Hallfahnen wehen sich zu einem Springbrunnen auf. Ob da Aliens drin sind? Die Schleuse öffnet sich. Oh, doch nur David Bowie mit rotem Haar. Dan ist beruhigt. Die beiden nehmen sich in die Arme. Ein Bild für die Götter. (Quelle: Jahrgangsgeräusche)

Tracklist:
1. Chinatown
2. Blue Eyes
3. Savage Night At the Opera
4. Suicide Demo For Kara Walker
5. Poor In Love
6. Kaputt
7. Downtown
8. Song For America
9. Bay of Pigs (Detail)
Clip:
Kaputt

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