Fever Ray - Plunge



Nach acht Jahren Pause meldet sich die Schwedin Fever Ray zurück. Karin Dreijer bildet mit ihrem Bruder das Avantgarde-Electro-Duo The Knife. Ihr “Heartbeats” machte José Gonzales berühmt. Solo klingt Karin poppiger, aber ihre Videos und ihre Welt sind spooky.
Es war am 1. Mai 2013: The Knife live in München. Kein klassisches Pop-Konzert, sondern post-alles: Post-Pop, Post-Gender, Post-Performance. Karin Dreijer und ihr Bruder Olof brachten eine bunte Truppe mit auf die Bühne. Es wurde ein als Konzert getarntes Gesamtkunstwerk. Die manipulierten Instrumente, der aufgestellte Bilderrahmen, durch den die Akteure hindurch guckten und -sprangen. So, dass man im Publikum nicht wusste: Wer singt da eigentlich? Wer spielt die Musik? Wer tanzt dazu? Oder ist das alles gar nicht wichtig? Die ausverkaufte Muffathalle kochte. The Knife boten ein Happening, die Dreijers lieferten die Show des Jahres.
Vier Jahre später: Der elektronische Voodoo von damals findet sich am ehesten beim Stück “I Don´t Know About You” wieder. Der Song ist eine Kooperation von Karin Dreijer mit der portugiesischen Musikerin Nìdia Minaj, die gern afrikanische Rhythmen benutzt. Auch die Produzentinnen Deena Abdelwahed aus Tunesien und Paula Temple aus England haben Beats für das neue Fever Ray gebastelt. Dazu kommen zwei schwedische Musiker. Sie spielt mit ihrer Stimme, benutzt Masken, bemalt Gesicht und Körper: Karin Dreijer sieht sich selbst nur als Ausgangsmaterial – alles kann geformt, geknetet, verändert und weiterverarbeitet werden. Der Titel ist mit einer krakeligen Metal-Schrift auf dem Cover geschrieben und eine Art Spuk-Spur zieht sich wie ein schwarzer Faden durch das Album. Der Song „This Country“ ist kein Märchen über den schwedisches Sozialstaat, der so grundgütig zu seinen Einwohnern und Künstlern ist: in „This Country“ singt Karen Dreijer: „Every time we fuck, we win, but this country makes it hard to fuck.“ Überhaupt liegen bei Fever Ray Politik und Sex nah beisammen. An anderer Stelle textet sie: „I want to run my fingers up your pussy.“ To The Moon And Back“ ist die Single - mit einem Video, das man sich nur ansehen sollte, wenn man Sex-Rollen-Spiele mag. Eine Künstler-Freundin von Karin, die Britin Hannah Black, verfasste eine Art „Manifest“ zum Album. In dem heißt es: „Ich hatte einen Plan, wie uns Sex oder eine andere innige körperliche Intensität retten könnte. Aber ich hab ihn vom Dach geworfen – mit dem Körper – und er fiel hinab in die Stille. Sex und Musik passen aufeinander auf.“ Schon mit den dunklen, sphärischen Songs vom ersten Solo-Album landeten Fever Ray in Filmen und Serien – wie Breaking Bad oder den Dirty Diaries – einer Sammlung feministischer Porno-Kurzfilme. Karin Dreijer scheint eine getriebene Künstlerin zu sein, die zu gern in unbekannte Welten und verschiedene Rollen taucht: im Englischen „to plunge“ - so auch der Titel der Platte. „Plunge“ kann aber auch „plötzlich fallen“ und „herunterstürzen“ heißen. Das Scheitern ist also Teil des Programms. Und macht den Reiz dieses Werks aus. Unser Album der Woche ist edgy. Artsy. Aber auch Pop: Fever Ray ist ein Projekt, das den Pop fordert und forciert. Und das kann weh tun. (Quelle: BR 3)

Tracklist:
1. Wanna Sip (03:28)
2. Mustn't Hurry (04:17)
3. A Part of Us (03:30)
4. Falling (05:03)
5. IDK About You (03:40)
6. This Country (03:12)
7. Plunge (05:36)
8. To the Moon and Back (04:37)
9. Red Trails (04:50)
10. An Itch (03:45)
11. Mama's Hand (04:58

Clip:

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