Torres - Torres


Mit bürgerlichem Namen heißt Torres eigentlich Mackenzie Scott. Sie wurde 1991 in Nashville geboren und bislang ist ihre musikalische Vita so überschaubar wie die Highlights dieses jungen Musikjahres.
Es kommt nicht gerade häufig vor, dass man von einem Album so offenherzig in Empfang genommen wird. Küsschen links, Küsschen rechts. Die Einrichtung ihres Debüts ist rustikal, aber einladend. Und während im Nebenzimmer das Schlagzeug scheppert, schüttet die Unbekannte uns bereits ihr Herz aus. Unerschrocken nimmt Torres ihre Hörer an die Hand – und danach mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt, wie man sie seit EMAs „Past Life Martyred Saints“ nicht mehr gehört hat.
Mal kokettieren die Stücke vorsichtig, mal offensiv mit dem Hörer, aber meist stellen diese kleinen Offenbarungen sich beim ersten Hören quer und wollen einfach nur, dass endlich jemand zuhört. Doch mit jedem einzelnen Gitarrenanschlag spinnt Torres an einem Netz und mit jeder einzelnen Textzeile zieht es sich enger zusammen. Unterstützung erhält sie dabei von dezenten Streichern, einem zurückhaltenden Bass oder jenen scheppernden Schlagzeugtupfern aus den ersten Takten dieses Albums.
Der eigentliche Fokus liegt jedoch auf Torres’ rauer, wandelbarer Stimme – die mal an PJ Harvey, mal an My Brightest Diamond erinnert – und ihren Texten. In einer anderen, schlechteren Welt hätten manche dieser Zeilen wohl ein ewiges Dasein als Tagebucheintrag gefristet, so aber erhält man Einblick in den Gefühlshaushalt einer jungen Amerikanerin. Torres haucht zum Beispiel Sätze wie diesen in die Welt hinaus: „Honey, while you were ashing in your coffee / I was thinking ‘bout telling you / what you’ve done to me.“
Und auch wenn Torres sich oft und gern im Hall ihrer Gitarre suhlt, im nächsten Moment gibt sie schon wieder ihr letztes Hemd für das nötige Bisschen Aufmerksamkeit um dieses Album zu mögen. Dass ihr Debüt sich nach den ersten drei großartigen Stücken bereits den Luxus eines schwächeren Mittelteiles gönnt, verzeiht man dabei gern – die Ergriffenheit einzelner Momente hallt lang genug nach, um solche Phasen zu überstehen.
Spätestens wenn in der zweiten Albumhälfte die Stücke „Moon & Back“ oder „Come To Terms“ ansetzen ist man wieder in jener vertrauten Atmosphäre der ersten Viertelstunde angekommen, die Maßstäbe in Sachen Aufrichtigkeit setzt. Wie schmal jedoch der Grad zwischen ehrlichem persönlichen Songwriting und einseitiger affektierter Psychohygiene ist, lässt sich derzeit an Christopher Owens’ (Ex-Girls) Solodebüt studieren. Hoffen wir, dass Torres auf der guten Seite bleibt und ihr Debüt den hoffnungsvollen Auftakt einer erfüllten Karriere darstellt.
Und so gelingt es Mackenzie Scott mit ihrem ersten Album, trotz offenkundiger Schwächen und abseits jedes musikalischen Trends, ordentlich Staub in Tennessee aufzuwirbeln. In Anbetracht dessen, dass sie vor Wochen niemand auf der Rechnung gehabt haben dürfte, ist der Klecks, den Torres auf der musikalischen Landkarte dieses unbeschriebenen Jahres hinterlässt beachtlich. Das muss ihr erstmal jemand nachmachen.(Quelle: auftouren.de)

Tracklist:
1. Mother Earth, Father God
2. Honey
3. Jealousy and I
4. November Baby
5. When Winter's Over
6. Chains
7. Moon & Back
8. Don't Run Away, Emilie
9. Come to Terms
10. Waterfall


Clip:
Honey

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