La Roux - Trouble in Paradise


Wenn Frauen in die mittleren Jahre gelangen, lässt häufig ihr sexuelles Begehren nach und ihre Fähigkeit zur erotischen Leidenschaft. Männern, die mit einer solchen Frau leben und die Beziehung zu ihr weder durch einen Seitensprung ruinieren noch gänzlich aufgeben wollen, bleibt zur Befriedigung ihrer körperlichen Bedürfnisse dann oft nur der Gang ins Bordell, womit die betroffenen Frauen daheim aber auch wieder nicht einverstanden sind.
„He wants to mess around / she wants to settle down“ – da ist es schwierig, zu einer für beide Seiten gleichermaßen befriedigenden Lösung zu kommen. So jedenfalls kann man das psychosexuelle Porträt eines gereiften Paars paraphrasieren, an dem sich die 26-jährige britische Sängerin und Liedschreiberin Elly Jackson alias La Roux in ihrem neuen Stück „Sexotheque“ versucht, vorgetragen in sonnig-hellem Soprangesang, virtuos unterpuschelt von zwar schlicht gebauten, aber kompetent groovenden Achtzigerjahre-Synth-Melodien und -Beats.
In der sommerlichen Musik von La Roux erblühen die Neurosen am schönsten: Zu überaus gut gelaunt wirkenden Retro-Elektropop-Klängen singt sie auf ihrem neuen Album „Trouble In Paradise“ von innerer Kälte und zwischenmenschlicher Fiesheit, von wahlweise erstorbenen oder aber – noch schlimmer – in ihrer rätselhaft intensiven Vieldeutigkeit quälenden Gefühlen; wie etwa in dem Stück „Cruel Sexuality“, in dem sie die heranreifende Ahnung eines jungen Menschen beschreibt, dass er oder sie nicht zur heterosexuellen Mehrheit gehört. Der Körper, ach, im Alltag funktioniert er so gut. Doch in der Nacht ist er nur noch ein Gefängnis.
Vor fünf Jahren, auf ihrem Albumdebüt „La Roux“, reüssierte La Roux mit einem makellos überzeichneten Achtzigerjahre-Plastikpop-Pastiche; mit in den höchsten Höhen quietschender „Zaubermausstimme“ (C. Böker) sang sie von Herzschmerzproblemen junger und jüngster Leute. Die höchsten Lagen erreicht sie nach einer Kehlkopferkrankung inzwischen nicht mehr, und auch das restliche Klangbild wirkt auf „Trouble in Paradise“ gedämpfter.
Weit virtuoser als damals bestrickt sie das Ohr und den Körper nun aber mit Mitwippgrooves und Daft-Punk-artigen Basslinien – um die trügerische Gutgelauntheit dieser Musik dann aber sogleich mit Illusionslosigkeit und innerer Leere zu vergiften. Eine großartige Platte! Und auch Elly Jacksons prägnante Frisur – Tilda Swinton trifft David Bowie trifft Tim ohne Struppi – sitzt so Drei-Wetter-Taft-sicher wie eh und je.(Quelle: Berliner Zeitung)

Tracklist:
01. Uptight Downtown [04:21]
02. Kiss And Not Tell [03:53]
03. Cruel Sexuality [04:15]
04. Paradise Is You [05:11]
05. Sexotheque [04:18]
06. Tropical Chancer [03:31]
07. Silent Partner [07:01]
08. Let Me Down Gently [05:40]
09. The Feeling [04:06]

Clip:

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