Thirty Seconds to Mars - AMERICA



Thirty Seconds To Mars sind schon lange Pop. Doch erst jetzt mit "America" geben Jared Leto und die beiden Anderen gar nicht mehr vor, eine Alternative-Rock-Band oder irgendetwas Ähnliches zu sein. Eine befreiende Entscheidung.
Dabei erfindet sich die Band mit ihrem Schritt zum Pop und der Elektronik weder neu, noch leistet sie etwas Bahnbrechendes. Thirty Seconds To Mars sind nicht U2 und "America" nicht "Achtung Baby". Dafür sind sie zu konturlos. Um wirklich frisch zu klingen, kommt die Veränderung zudem mindestens fünf Jahre zu spät.
Sie gehen einfach nur den Weg, den so viele Bands vor ihnen gingen: Weg mit den Gitarren, her mit den Synthesizern und Drum Machines. Der eine Andere, der am Schlagzeug sitzt und Jareds Bruder ist, und der andere Andere, der die Gitarre zupft, spielen infolge dieser Entscheidung eine zunehmend untergeordnete Rolle. Über weite Strecken des Longplayers hinweg schaffen sie sich komplett ab. So dient das Projekt nur noch deutlicher als zuvor als ein weiteres Vehikel für das aufgeblähte Ego des Oscar-Preisträgers Leto.
Das kommt dem Album jedoch zugute. Die Mitgrölrefrains in Stadionhymnen wie "This Is War" und die Arrangements standen sich schon lange gegenseitig im Weg, was schließlich zu dem verkrampften "Love Lust Faith + Dreams" führte. Da diese wie ein Kostüm für Letos Rollen aber eben nur ein Mittel zum Zweck waren und im letzten Jahrzehnt Einiges an Staub ansetzten, hat er nun ohne weiteres die Möglichkeit, sie komplett abzulegen und seinen Songs eine neue Garderobe überzustreifen.
Gerade deshalb funktioniert das neue Konzept bei ihnen so viel besser als bei Gruppen wie Muse, Linkin Park oder Coldplay. Über diese Ungebundenheit zum bisherigen Schaffen verfügt ein Matthew Bellamy nicht, was "The 2nd Law" 2012 zu einer solch gezwungenen Veranstaltung machte. Zu sehr steckt der theatralische Rocker in ihm. Dem sich schnell in neue Rollen einfindenden Jared gelingt der Schritt hingegen mit Leichtigkeit.
Gerade weil sich "One Track Mind" am weitesten von dem Bild entfernt, das man bisher von Thirty Seconds To Mars hatte, zählt der Track zu den interessantesten und besten Stücken des Album. Die zurückgelehnte Lana Del Rey-Stimmung, die kühlen Beats, Synthesizer-Wellen und ein A$AP Rocky-Feature machen die Nummer für viele Altfans vermutlich zu einer harten Nuss. Der andere Andere darf ihn mit einem entrückten Gitarrensolo veredeln.
Da Songs wie der Opener "Walk On Water" gar nicht mehr etwas anderes darstellen wollen als einen für die Arenen dieser Welt zugeschnittenen Song im modernen Gewand, funktionieren sie. Zwischen all den Oh-Ohs und Autotune blickt der Text kritisch auf die Veränderung Amerikas in den letzten zwei Jahren. Da die Kapelle des schlechtesten Jokers ever schon früher eine Hand für mitreißende, vor Pathos triefende Melodien zeigte, gelingt ihnen so ein Lied, wie es Bon Jovi seit über zwanzig Jahren nicht mehr hinbekamen. Nach ihrem Schwenk zum Pop ist dies nun durchaus als Kompliment zu verstehen.
So wandeln Leto und Begleitpersonen über ganz "America" auf einem schmalen Grat zwischen gelungen und kompletter Käse. Baut "Love Is Madness", in dem sich Jared das Mikro mit Halsey teilt, trotz des hanebüchenen Texts zwischen ruhiger Strophe und Kreischrefrain finstere Stimmung auf, überspannt die Enrique Iglesias-Schnulze "Great Wide Open" den Bogen komplett. Plötzlich wirken dreißig Sekunden wie Stunden.
Gegen Ende zucken Thirty Seconds To Mars erschreckt zusammen. Haben wir unseren Fans am Ende zuviel zugemutet? Versöhnlich gestimmt, schieben sie schnell noch zwei Songs ein, die weitestgehend auf Elektronik verzichten. Bis ein weiterer "Oh Oh Oh!"-Refrain einsetzt, bedienen sie sich für "Live Like A Dream" dafür munter an Don Henleys "The Boys Of Summer". Einen größeren Fremdkörper auf dieser Hochglanzproduktion als die nicht von Jared Leto gesungene Lagerfeuernummer "Remedy" kann es nicht geben.(Quelle: Laut.de)

Tracklist:
1. Walk On Water
2. Dangerous Night produced by Zedd
3. Rescue Me
4. One Track Mind ft. A$AP Rocky
5. Monolith
6. Love Is Madness ft. Halsey
7. Great Wide Open
8. Hail To The Victor
9. Dawn Will Rise
10. Remedy
11. Live Like A Dream
12. Rider

Clip:

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Jay-Z & Beyoncé - Everything Is Love

David Haerle - Garden of Edendale