Yo La Tengo - There's a Riot Going On




Als Sly & The Family Stone im Jahr 1971 ihren Meilenstein „There‘s A Riot Goin‘ On“ veröffentlichten, war die Welt im Aufruhr. Es war Sly Stones paranoide, kokainschwangere Antwort auf die geplatzten Träume der US-amerikanischen 1960er-Jahre. Harte Funk-Hymnen als Soundtrack für das Ende der Civil-Rights-Bewegung. Der Slap-Bass als Waffe gegen die alltägliche Polizeigewalt.
Heute, fast ein halbes Jahrhundert später, sind die USA nicht unbedingt weniger unruhig – und passenderweise gibt eine ganz andere Band ihrem neuen Album den gleichen Namen. Doch Yo La Tengo ist nicht wirklich die Gruppe, von der man eine aufbrausende Anti-Establishment-Funk-Platte erwartet hätte. Die ist „There‘s A Riot Goin‘ On“ auch nicht geworden – stattdessen verwandelt das Trio aus New Jersey Sly Stones Protestschrei in eine versöhnliche Umarmung. 15 Songs, die einem den Eindruck geben, dass ganz vielleicht alles gut werden könnte. Und was für eine Umarmung dieses Album ist: Von der ersten Sekunde wird man von Ira Kaplans einladenden Drones eingelullt, während seine Ehefrau Georgia Hubbley ihre repetitiven Schlagzeug-Grooves schweben lässt. James McNew wechselt zwischen Kontra- und Fuzzbass und gibt damit dem manchmal etwas abdriftenden Stücken ein warmes, tiefes Fundament. Der Yo-La-Tengo-Sound legt sich über einen wie eine warme Decke – kein Wunder, dass die 63 Minuten (auf beste Art und Weise) wie im Schlaf vorübergehen.
Kaum zu glauben, dass dies bereits das 14. Album dieser Band ist. Auch nach 34 Jahren legen Yo La Tengo immer noch eine verspielte Kreativität an den Tag, dass es eine wahre Freude ist. Mühelos schütteln sie aberwitzige Ideen aus dem Ärmel: Von abstraktem, John Coltranes „A Love Supreme“ zitierendem Folk-Jazz („Above The Sound“) über augenzwinkernden Space-Bossa-Nova („Esportes Casual“) bis zu die Zeit anhaltendem Stars-Of-The-Lid-Ambient („Dream Dream Away“) – und alles klingt wie aus einem Guss.
Ganz nebenbei haben Yo La Tengo auch einige kleine Pop-Wunder auf „There‘s A Riot Going On“ versteckt: „Shades Of Blue“ ist wundervoller Velvet-Underground-Minimalismus, bei dem Hubbley nicht nur mit ihrem zurückhaltendem Schlagzeugspiel, sondern auch mit ihrer verträumten Stimme an Maureen Tucker erinnert. Das von Kaplan gesungene „She May She Might“ ist Dream-Pop-Melancholie in Perfektion. Und das abschließende „Here You Are“ entlässt einen mit nach Tim Buckley klingendem Folk und einem Lächeln auf den Lippen. Würden alle Menschen diese Platte hören, bräuchte man wahrscheinlich gar keine Riots mehr. (Quelle: Byte FM)


Tracklist:
1. You Are Here
2. Shades of Blue
3. She May, She Might
4. For You Too
5. Ashes
6. Polynesia #1
7. Dream Dream Away
8. Shortwave
9. Above the Sound
10. Let’s Do It Wrong
11. What Chance Have I Got
12. Esportes Casual
13. Forever
14. Out of the Pool
15. Here You Are


Clip:
For you too

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