Okkervil River - I am very far

Okkvervil River gehen mit ihrem sechsten Langspieler zwar einen logischen nächsten Schritt, geraten damit aber auf teilweise befremdliches Gelände. Große Dramen und noch größere Geschütze fahren Okkervil River mit ihrem neuen Werk "I Am Very Far" auf. Es braucht nicht lange, um festzustellen, dass sich die Band um den Singer/Songwriter Will Sheff nicht nur weiterentwickelt, sondern gleichzzeitig auch musikalisch verändert hat. Von den Folk- und Country-Anfängen ist auf dem sechsten Langspieler der Texaner nur noch ansatzweise etwas zu hören. Stattdessen beschert der Sechser mit einer ganzen Flut von Instrumenten ein berauschendes Hörerlebnis mit sämtlichen Tiefen und Höhen der Gefühlswelt. Dabei ist "I Am Very Far" reine Sheff-Sache: Sänger Will Sheff – einzig verbleibendes Gründungsmitglied – war zwar schon immer der kreative Kopf der Band, auf der neuen Platte übernahm er nun aber auch den Job des Produzenten. Sheff selbst sagt, dass er sich mit der Idee keiner Idee in die Isolation zurückgezogen habe, um dort an dem neuen Werk zu schreiben. Und so bewegen sich die elf neuen Stücke irgendwo zwischen fröhlich und aggressiv, heiter und grotesk und beweisen allesamt einen hymnischen Charakter. Mit donnernden Drums und einem kraftvollen Keyboard treibt der Opener "The Valley" die Platte in gewaltige Rock-Sphären, während Sheff mit agressiver Stimme eindringliche Worte verkündet: "...our friend stands bleeding on the late summer lawn, a slicked-back bloody black gunshot to the head, he has fallen in the valley of the rock and roll dead". Ein derber Einstieg in eine Platte, der einiges erahnen lässt. Die exorbitante und ebenso schräge Instrumentierung, mit teilweise bis zu sieben Gitarren und zwei Schlagzeugen, entpuppt sich als Credo des Albums und erreicht bereits mit "Rider" einen Höhepunkt: Ein zügelloses Piano führt - begleitet von Sheffs prägnanter Stimme - durch den Song und treibt wild und hemmungslos zu einem ekstatischen Höhepunkt. Es scheint, als würde sich die Band, losgelöst von allem, übermütig die Seele aus dem Leib spielen, nur um im folgenden "Lay Of the Last Survivor" wieder zur Ruhe zu kommen und durch die akustischen Gitarren an den folkigen Ursprung von Okkervil River zu erinnern. In "We Need A Myth" bekommt der Hörer dann ein ganzes Bündel Emotionen vorgelegt. Dominierend dabei ist der Gegensatz von einer heiteren Melodie durch aufgeregt gespielte Streicher und der tiefen Verzweiflung in Sheffs Stimme. "I Am Very Far" ist wie eine Reise durch ein Meer von Melodien, die zwar immer überladen, dafür aber nie vollkommen sind. Viel mehr eckt der Langspieler an: Schräge Streicher, schiefe Gitarren und störrische Pianos, aber auch die oftmals hallende Stimme verstören teilweise das Ohr, sind aber gleichzeitig fesselnd und überraschend. Okkervil Rivers sechster Langspieler ist ganz schön harter Tobak. Sich hinter einer dicken Schicht opulenter Arrangements versteckend, verlangen Sheff und Mitstreiter eine Menge Geduld vom Hörer. Die klare Absicht der Platte bleibt lange im Verborgenen, was gleichermaßen frustrierend, wie auch faszinierend ist. Wird man zunächst von einer riesigen Klangwelle überrannt, die wie ein endloses Chaos scheint, entdeckt man nach und nach die Emotionen des Albums, die immer zwischen Verzweiflung, Wut und Hoffnung schwanken. Über das Gefallen von "I Am Very Far" lässt sich sicherlich streiten, dennoch ist es zweifelsohne ein wahres Abenteuer, das man nicht ungehört vorbeiziehen lassen sollte. (Quelle:motor.de)

Tracklist:
1. The Valley

2. Pirates
3. Rider
4. Lay Of The Last Survivor
5. White Shadow Waltz
6. We Need A Myth
7. Hanging From A Hit
8. Show Yourself
9. Your Past Life As A Blast
10. Wake And Be Fine
11. The Rise


Clip:
Wake and Be Fine

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