Feeder - All bright electric


Irgendwann beginnt die Phase, bei welcher in Reviews mit Erstaunen bemerkt wird, wie lange die thematisierte Band eigentlich schon dabei ist welchen Umfang der Katalog doch erlangt hat. Bei den Walisern von Feeder ist der Zeitpunkt gekommen – das Vierteljahrhundert steht bald vor der Tür, neun Alben können sie nun auf der Uhr verbuchen. Außerdem ist der Lebenslauf mit Höhen und Tiefen gespickt: der anfängliche Mainstream-Erfolg mit Hits wie "High" und "Buck Rogers", der Suizid des Drummers Jon Lee und dessen Verarbeitung auf "Comfort in sound" und "Pushing the senses". Anschließend schwand das Interesse der breiten Basis, was in der Sinnkrise zu "Renegades" führte, einem fehlgeleiteten Versuch, mehr Härte zu zeigen. Doch mit "Generation freakshow" fand sich die Band auf wunderbare Weise mit ihrem unaufgeregten Dasein ab, und der Nachfolger "All bright electric" hält zum Glück dem Kurs.
Grant Nicholas, Taka Hirose und der seit 2009 an Bord befindliche Schlagzeuger Karl Brazil fühlen sich komfortabel in ihrer Nische und denken auch nach vier Jahren Funkstille nicht daran, Trademarks über Bord zu werfen. Nicht mal Nicholas' akustisch geprägtes Soloalbum "Yorktown heights" hat nennenswerte Spuren hinterlassen. Eher signalisiert der Opener "Universe of life" eine Abkehr von der sonnigen Stimmung auf "Generation freakshow" hin zu gewittrigen Klängen. Doch dank der unverkennbaren Stimme und dem verzerrten Gitarrensound, der fast schon an "Polythene"-Zeiten erinnert, kommt nie die Verlegenheit auf, eine andere Band als Feeder hinter dem Song zu vermuten. Die zweite Single "Eskimo" schlägt erfolgreich in die gleiche Kerbe, erschafft lustvoll ein Spannungsfeld zwischen harmonischer Melodie und dissonanten Einschüben.
Überhaupt geben sich Feeder auf der ersten Hälfte von "All bright electric" keine Blöße. "Paperweight" ist ein weiterer knackiger Rocksong, der genügend Wendungen bereithält, um interessant zu bleiben. Insbesondere die mit aller Kraft nach vorne schiebenden Gitarren während der Strophe wissen zu begeistern. "Infrared-ultraviolet" fährt auf über fünf Minuten die psychedelische, ausufernde Schiene der Band und steigert sich am Schluss in einen Mahlstrom hinein. Danach klart es wettertechnisch für den Rest der Platte auf: "Oh Mary" ist ein äußerst hübsches Kleinod im Stile von "Oxygen" und genau richtig in der Albummitte platziert.
Zum Ende hin betritt die Band lediglich ein paar Mal zu viel beliebiges Terrain. "The impossible" oder "Another day on earth" sind wahrlich keine schlechten Songs, hinterlassen aber einen unbefriedigenden Malen-nach-Zahlen-Geschmack im Mund. "Angels and lullabies" ist zwar arg lieblich geraten, punktet aber mit den schick gefälschten Bläser-Synthies, die das Stück durchsetzen. "All bright electric" bleibt deswegen etwas hinter der großartigen Wiederauferstehung "Generation freakshow" zurück. Doch das Trio fühlt sich hörbar wohl mit seinem aktuellen Status jenseits des großen Wirbels und bietet der verbliebenen Anhängerschaft mit größtenteils hochklassigem Nachschub kaum etwas zum Meckern. Wir freuen uns dann schon mal auf die Zeit, wenn in Feeder-Rezensionen vom "Alterswerk" die Rede ist.(Plattentests.de)

Tracklist:

  1. Universe of life
  2. Eskimo
  3. Geezer
  4. Paperweight
  5. Infrared-ultraviolet
  6. Oh Mary
  7. The impossible
  8. Divide the minority
  9. Angels and lullabies
  10. Hundred liars
  11. Another day on Eart

Clip:
Eskimo

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