Afghan Whigs - In spades



Nur ganz leicht öffnen die Afghan Whigs im Opener die Tür zum neuen Album und doch blendet das Licht bereits, das durch die schmale Fuge scheint. "Birdland" ist das glitzernde Vorspiel zum großen Dulli-Drama: "So in a haze of feverish lights the satyr arrives to the throne".
Der sparsamen Ouvertüre, Dullis hochstimmiges Greinen nur von spukhaftem Chor eingeleitet und von Orchesterpartikeln getragen, folgt die Cinemascope-Breitseite auf dem Fuße. "Arabian Heights" verdrahtet die typischen Whigs-Ingredienzen: Ein mauerdickes Riff zwischen Heavyness und Eleganz, synkopierter Groove, fließend arrangiert. Passgenau gefolgt von der ersten Single des Albums, "Demon In Profile", mit seinen schwülen Streichern, den Gitarren aus dem Riffschränkchen von George Harrison und einer unwiderstehlichen Piano-Tonfolge, wie beiläufig aus dem Ärmel in die Tasten gefallen.
Wir schreiben Album Nr. 2 nach der Reunion der einstigen Grunge-Adepten aus Cincinnati, die ihren Stil heuer kaum merkbar verrücken, stattdessen Attitüde und Anspruch lediglich weiter verfeinern. Wer da auf Revision alter Preziosen vom Schlage "Retarded", "Conjure me" oder "Amphetamines & Coffee" wartet, der tut das auch weiterhin vergeblich.
Die Afghan Whigs anno 2017, mit Dulli und Bassist Curley nur noch zwei Original-Mitglieder im Line-up, haben ihren Sound mittlerweile so klar sortiert, dass man sie binnen Sekunden erkennt. Es gibt diesen ganz bestimmten Akkordwechsel, wie ihn nur die Whigs spielen, und wenn Greg Dullis Stimme einsetzt, ob flehend oder im Falsett, dem Soul um Häuserecken nachjagend oder leicht neben der Spur schreiend, ist der Fall eh klar.
Für das Noisey-Magazin hat der Sänger und Kopf der Band, der das Album zudem auch produziert hat, gerade die eigene Diskografie bewertet und "Black Love" als seinen persönlichen Favoriten auf die 1 gesetzt. Kaum ein Zufall, dass "In Spades" den Faden des Klassikers von 1996 in Teilen aufnimmt: Die Songs dampfen und schwitzen, sind vertontes Hinterzimmer-Drama aus dem Sexclub um die Ecke. Hier werden übervolle Whiskeygläser von einem Ende der Bar ans andere geschoben, wird im Séparée getuschelt, enden Stories auf dem nassen Asphalt, steigt die Sonne über dem Boulevard und verscheucht die Nachtgestalten zurück in ihre Löcher.
Zehn Songs sind es geworden, bei gut 36 Minuten stoppt die Uhr. Das ist übersichtlich, gleichsam klassische Vinyllänge, dabei sind die Tracks so opulent aufgebaut und detailgespickt, dass es einem, im besten Sinne, deutlich länger vorkommt. Und wenn der elegische Rausschmeißer "Into The Floor" (darf man eigentlich noch Powerballade sagen?) mit seinen dezenten Anklängen an Don Henleys "Boys Of Summer", endet, geht die Repeat-Taste zurück auf die 5: "Oriole" ist ein Kernstück des Albums. Eröffnet von luftigen Akustikgitarren, akzentuiert von Vibraphon-Geklöppel, sich windend, steigernd, abfahrend - ein Roadmovie von einem Song, Zähnezeigen im Rückspiegel, die Sonnenbrille etwas nach vorn gerutscht, aus dem Kofferraum wehen ein paar Dollarnoten in den Wüstenwind und die Knarre im Handschuhfach gilt es auch noch verschwinden zu lassen.
Große Platte. Große Band. Großes Kino.(Quelle: Laut.de)

Tracklist:
1. Birdland
2. Arabian Heights
3. Demon In Profile
4. Toy Automatic
5. Oriole
6. Copernicus
7. The Spell
8. Light As A Feather
9. I Got Lost
10. Into The Floor

Clip:

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