Cold Specks - I Predict a Graceful Expulsion


Das sonntägliche Glaubensbekenntnis kann sich die Hörerschaft nach diesem Debüt sparen. Cold Specks lässt die Kirche nicht im Dorf, sondern überträgt den Himmel stattdessen in ihre Musik. (Foto: Mute Records) Bei Al Spx' rauchigem Kratztimbre erheben sich vor lauter Stimmgewalt sämtliche Körperhaare gen Himmel, und das, obwohl die Afro-Kanadierin erst zarte 23 Jahre jung ist. Anstelle von jeder Menge Tabak- und Whiskykonsum – wie es die auf ähnlicher Kunsthöhe schwebende Janis Joplin beispielsweise bevorzugte – hat sie ihr Ausnahmevolumen wohl eher einer göttlichen Fügung zu verdanken. So würde es die Musikerin jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach mit eigenen Worten erklären, denn der Glaube an Gott ist für sie – in Anbetracht der religionsgeschwängerten Textpassagen auf ihrem Debüt "I Predict A Gracful Expulsion" – elementar. Kein Wunder also, dass Vergleichsmomente mit traditionellem Gospel und wortgewaltigem Soul nicht weit sind. Cold Specks - "Blank Maps" Einfach hat sie sich das jedenfalls nicht gemacht: zwei Jahre Reifezeit benötigten die elf Stücke des Langspielers. Ihr musikalischer Mentor Rob Ellis – welcher bereits mit PJ Harvey kollaborierte – ließ das Mädchen fernab ihrer Heimat im pulsierenden London in aller Ruhe zur selbstbewussten Musikerin heranwachsen. Und dieser Prozess war auch notwendig, denn seitens ihrer Eltern erfuhr das fünfte von sieben Kindern vorrangig Skepsis, was den brotlosen Berufswunsch betraf. Den familiären Zweiflern zum Trotz, begann sie autodidaktisch mit dem Songschreiben und traf in ihrer neuen Umgebung auf andere, begabte Musiker. Dieser Umstand brachte die zarte Knospe der Kreativität in ihr zum Erblühen, das Debüt konnte ersprießen. Unbekannt sind die entstandenen Blüten dabei jedoch nicht, haben sie ihre Wurzeln doch im Blues, Soul, Folk und Gospel. Die Gefahr der Belanglosigkeit könnte folglich zwischen den Tönen schweben, dennoch kann sich der Hörer ihrer auditiven Schönheit nicht verschließen. Das raue sowie warme Vibrato der Frontfrau hallt durch die Gehörgänge und füllt den Klangraum, sehr dezent verbirgt sich währenddessen ein orchestrales Ensemble aus Cello, Gitarre, Saxophon, Klavier und Schlagzeug im Hintergrund. Man hört ganz klar, was zuerst da war: Al Spx und ihre Worte. Und diese kreieren stetig eine sehr sakrale, intime Atmosphäre: "I am / I am a goddamn believer" werden unterstützt von einem pastoralen Chor ("Blank Maps") oder "I've got a pocket full of prayers to share" im becken- und gitarrenlastigen Stück "Hector". Cold Specks - "I Predict A Graceful Expulsion" (Albumstream) "Holland" ist der wohl insgesamt persönlichste Titel, behandelt er doch die letzten Lebensjahre ihres in Rotterdam wohnenden Großvaters und letztlich seinen Tod. "Oh I, whole night, I heard you sing / o death, where is thy sting?" singt sie verzweifelt begleitet von reduzierten Cello-Klängen und vorsichtigem Gitarren-Zupfen. Die erste Hälfte des Liedes wurde somit nur sehr behutsam instrumentiert, doch mit der Erkenntnis "We are many / we are many / we are dust / and to dust we will all return" ändert sich die Stimmung in der anderen Hälfte. Nach dieser Proklamation ist es für einen Moment lang still, und plötzlich setzt mit der Pauke ein mächtiges Arrangement ein, welches das Stück schließlich in ein sanftes Ende geleitet. In Cold Specks Geschichten geht es nicht vorrangig um die Liebe und Sehnsucht, wie es bei vielen Singer/Songwritern der Fall ist. Sie versucht sich mit bassigen Gitarren sowie Streichern an einer anderen Facette des Textens, nämlich der Umschreibung von Tragik und Religion. Und nein, sie versucht sich nicht nur daran, es gelingt ihr mithilfe der sehr charismatischen Stimmfarbe auch außergewöhnlich gut.(Quelle: motor.de)

Tracklist:
01. The Mark
02. Heavy Hands
03. Winter Solstice
04. When The City Lights Dim
05. Hector
06. Holland
07. Elephant Head
08. Send Your Youth
09. Blank Maps
10. Steady
11. Lay Me Down

Clip:
Blank Maps

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