Nothing - Tired of tomorrow




Der bis in alle Ewigkeiten zitierwürdige Nils Koppruch sang einst auf seinem Album "Den Teufel tun": "Der Tag, wenn ich krieg, was ich will, ist nah / Näher seit gestern, ein Tag / Das weiß ich genau, weil die Tage ziehen vorbei / Und neue kommen nach." Es war eine hoffnungsvolle Ballade, sie machte Mut und spendete Trost. Eine solch positive Stimmung gibt es bei der Band Nothing aus Philadelphia nicht. Sie ist schlicht nicht existent. Auch das Quartett um Sänger und Gitarrist Domenic Palermo weiß, dass am Ende eines Tages stets ein neuer beginnt. Neue Chance, neues Glück? Wohl eher nicht. Hier steht einfach nur ein weiterer 24-Stunden-Zyklus an, in dem man falsche Entscheidungen trifft.
Nothing sind keine Trostspender. Sie holen Dich nicht aus dem Knast raus oder besuchen Dich im Krankenhaus. Sie sitzen – oder liegen – neben Dir. Eine weitere Gelegenheit für einen Fehler schreckt sie nicht ab. Auf ihrem zweiten Album "Tired of tomorrow" deuten sie die Müdigkeit ob des kommenden Morgen nur an, dabei haben sie sich längst damit abgefunden und machen das Beste daraus. Ob es anderen passt, was sie dabei zu sagen haben, kümmert die Shoegazer nicht die Bohne: "I hate everything you're saying", rotzen sie ihrem Gegenüber in "Vertigo flowers" vor die Füße, mit Anlauf sogar. Dass es die vertonte Paranoia nach einer heftigen Panikattacke ist, lässt das farbenfrohe Musikvideo nur oberflächlich absurd wirken – tatsächlich ist seine Zweideutigkeit dadurch nur umso beeindruckender.
Deutlich schwerer, aber nicht weniger ohrwurmanfällig geben sich das hervorragende "The dead are dumb" und vor allem auch der Opener "Fever queen", der mit ein bisschen Fantasie zumindest stellenweise an Jimmy Eat World zu "Clarity"-Zeiten erinnert und sich in der ewigen Wiederholung eines Fehlers wälzt: "You drank my poison / And I know now / That I shouldn't / Push you away." Derweil ist natürlich niemand wirklich glücklich in "Everyone is happy", obgleich die reduzierte Instrumentierung hier fast schon erleichtert wirkt – oder erleichternd? "I don't think of you", lügt Palermo am Ende glatt, nur um im darauffolgenden, geradezu nachdenklich anmutenden "Our plague" wieder von Versagens- und Verlustängsten verfolgt zu werden, die zu kokettieren er – trotz aller Anstrengung – nicht recht in der Lage ist. Muss er ja auch nicht. Morgen hat er ja wieder die Möglichkeit dazu. Oder auch nicht.(Quelle: Plattentests)


Tracklist:
  1. Fever queen
  2. The dead are dumb
  3. Vertigo flowers
  4. A.C.D. (Abcessive compulsive disorder)
  5. Nineteen ninety heaven
  6. Curse of the sun
  7. Eaten by worms
  8. Everyone is happy
  9. Our plague
  10. Tired of tomorrow
Clip:
The dead are dumb

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